Die großen Zentralbanken haben die Zinswende vollzogen. Angesichts weiterhin hoher InfIationsraten gelten die nächsten „robusten“ Zinsschritte als wahrscheinlich. Das verändert die Rolle von Anleihen als Stabilitätsanker in Anlegerportfolios.
Anleihen hatten bei der Geldanlage schon im vergangenen Jahrzehnt einen schweren Stand. Sinkende, teils negative Leitzinsen hatten die Renditen am Ende auf ein sehr wenig attraktives Niveau gedrückt. Zudem verstärkte die Erwartung einer Zinswende das Kursrisiko – dem niedrige Kupons kaum etwas entgegenzusetzen hatten. Als wirksamer Risikodiversifikator im Portfolio nach dem traditionellen Verständnis wurden sie infolgedessen zunehmend in Frage gestellt. „Anleihen durchlaufen nun schon seit längerem den größten Bärenmarkt seit 70 Jahren“, merkt Kapitalmarktstratege Carsten Roemheld an.
Anleihen-Renaissance als Folge weiterer Leitzinserhöhungen
Seit die großen Zentralbanken in den westlichen Industrieländern den Kampf gegen die Inflation mit dem klassischen Mittel der Leitzinserhöhung aufgenommen haben (auch wenn die unmittelbare Wirksamkeit angesichts angebotsseitiger Inflationstreiber (wie z. B. Energie!) eingeschränkt sein dürfte), könnte sich das Blatt zugunsten von Anleihen wieder wenden. Denn aufgrund eines positiven und wahrscheinlich weiterhin steigenden Leitzinses werden Anleihe-Neuemissionen wieder mit Zins-Kupons ausgestattet, die eine Nominalrendite sicherstellen.
Innerhalb der EZB gibt es zumindest Stimmen, die für weitere „robuste“ Zinsschritte sprechen. „Die Inflation in den Griff zu bekommen, hat jetzt höchste Priorität.“, betonte Bundesbankpräsident Joachim Nagel anlässlich der Konferenz des Internationalen Währungsfonds vor wenigen Tagen. Grundsätzlich betonte er, dass die Straffung der Geldpolitik erforderlich sei, um ein „Entankern“ der Inflationserwartungen zu verhindern.1
In diesem Zusammenhang verwies er darauf, dass die Geldpolitik im Euroraum nach den ersten beiden Zinsschritten „noch ein deutliches Stück weg vom neutralen Zinssatz, wo immer er auch sein werde“, liege. Die laufenden Diskussionen darüber, wo der gegenwärtig viel diskutierte neutrale Zinssatz liege, bezeichnete der Bundesbankpräsident als wenig zielführend.
Was ist ein neutraler Zins?
Als neutralen Zins bezeichnet man in der Ökonomie jenen Zinssatz, bei dem die Wirtschaft weder beschleunigt noch gebremst wird.
2022 mit hoher Korrelation könnte Ausnahme bleiben
Zeitweise erinnerten die Korrelationen von Aktien und Anleihen in diesem Jahr allerdings wieder an den großen „Correlation Breakdown“ in der Folge der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009, als die Kurse von Aktien und Anleihen praktisch im Gleichlauf nachgaben.
Doch inzwischen weisen Anleihen zunehmend Zinsversprechen auf, die sie im Falle von Kursrückgängen an den Aktienmärkten zu einer überlegenswerten Alternative für Investoren machen. Das sollte sie in ihre alte Rolle als Portfoliodiversifikatoren wieder zunehmend zurückfinden lassen. Zumindest wenn sich die in den aktuellen Kaufkursen weitgehend eingepreisten Erwartungen von langsam sinkenden Inflationsraten bei zeitweiliger moderater Rezession einstellen – mit Unterschieden von Wirtschaftsregion zu Wirtschaftsregion.
Währungsrisiken bleiben Thema
Angesichts des forscheren Zinserhöhungsmomentums in den USA dürfte gerade für Anlegende aus dem Euroraum das Währungsrisiko bei Anleiheinvestments zum Dauerthema werden. Denn die Renditen sind noch lange nicht so üppig, dass sich signifikante Währungsrisiken ausgleichen lassen.
Wechselkursentwicklungen seit Einführung des Euro (Grafik auch als Download verfügbar)

1 EUR = ... WE, Monatsdurchschnitte, log. Maßstab. Eigene Berechnungen der Deutschen Bundesbank auf Basis der täglichen Euro-Referenzkurse der EZB. Erläuterungen zur Methode, siehe „Wechselkursstatistik Oktober 2022, S. 48.
Quelle: Deutsche Bundesbank, Oktober 2022
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Wechselkursentwicklungen seit Einführung des Euro
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Anleihen – Experten können Chancen nutzen
Grundsätzlich bieten sich also jetzt wieder mehr Möglichkeiten, Anleihen im Portfolio einzusetzen. Insbesondere als wirksame Diversifikation zur Aktienexponierung. Am besten aufgehoben dürfte das Anleiheinvestment von privaten Anlegerinnen und Anlegern jedoch nach wie vor in den Händen professioneller aktiver Fondsmanager sein. Diesen bieten sich zumindest nun wieder zahlreiche Chancen, auch Spreadinvestments wie Hochzinsanleihen gezielt und mit engem Risikomanagement einzusetzen. Auch Carry-Strategien, mit denen sich die Erträge eines Anleiheportfolios erhöhen lassen, können zum Einsatz kommen. Da ihr Erfolg aber immer auf der fundierten Einschätzung der relativen Attraktivität von Anleihenmärkten beruht, gehören sie auf jeden Fall in Expertenhände. Bei der Auswahl der Fondsinstrumente für die Anleihenexponierung im Portfolio sollte besonderes Augenmerk darauf gelegt werden, wie das Fondsmanagement mit Währungsrisiken zum Euro umgeht.
1 Deutsche Bundesbank, 14.10.2022
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