Zu Recht oder Unrecht – Verunsicherung über die wirtschaftliche Entwicklung führt oft zu Investitionszurückhaltung. Wirtschaftliche Frühindikatoren sind deshalb entscheidend: Die drei wichtigsten für Deutschland – verständlich erklärt (auch als PDF).
Psychologisch ist es für Anlegerinnen und Anleger oft schwierig, mit einem Investment zu beginnen, wenn die Wirtschaft von Konjunktursorgen geplagt ist und die Aussichten düster sind. Wer langfristig investiert, muss sich nach aller Erfahrung zwar mehr Sorgen machen, den Einstieg zu verpassen und wertvolle Zeit für den Vermögensaufbau ungenutzt zu lassen, doch die eigene Unsicherheit will erst einmal überwunden sein.
Gerade bei einer Anlage in Aktien bzw. Aktienfonds: Jenseits von Übertreibungen, die an Aktienmärkten vorkommen können, ist nämlich die Gewinnsituation der Unternehmen wesentlicher sachlicher Faktor für die Kursentwicklung ihrer Aktien. Und in schwierigen volkswirtschaftlichen Umfeldern müssen (von Ausnahmen abgesehen) viele Unternehmen gegen höhere Widerstände ankämpfen, um operativ positive Ergebnisse zu realisieren oder ihr Wachstum voranzutreiben. Wer deshalb zögert, sollte eines vor allem nicht tun – zu lange zögern. Daher ist es besonders für solche Anlegerinnen und Anleger wichtig, zu erkennen, wann es mit der Wirtschaft wieder aufwärts geht und die Zeichen auf wirtschaftliche Erholung stehen. Und das möglichst früh.
Wirtschaftsindikatoren: Die Unterschiede kennen
Gerade in den Finanzmedien werden immer wieder Kennzahlen zitiert, die als Konjunkturindikatoren – also als Anzeichen, wie es um die Wirtschaft bestellt ist – herangezogen werden. Wer möglichst früh erkennen möchte, wann es nach einer wirtschaftlich schwierigen Konjunkturphase wieder bergauf geht, sollte die wesentlichen Indikatoren und ihre Aussagekraft unterscheiden können. Experten sehen drei große Gruppen:
- Frühindikatoren: Diese Gruppe besteht aus Kennzahlen, die möglichst früh die ersten Anzeichen für eine Konjunkturerholung wiedergeben. Typischerweise gehören hierzu die Einschätzungen von Unternehmen zum Geschäftsklima, die Einschätzung von Einkäufern in Unternehmen, die dafür sorgen, dass Rohstoffe und Halberzeugnisse für die künftige Produktion vorhanden sind, die Einschätzungen von Analysten zur Konjunkturerwartung und das Verbrauchervertrauen, das die künftige Konsumentennachfrage erahnen lässt.
- Präsenzindikatoren: Zu dieser Gruppe gehören Kennzahlen, die deutlich machen, dass sich eine Volkswirtschaft bereits in einer konjunkturellen Aufschwungphase befindet. Dazu gehören etwa der Anstieg vorliegender Auftragseingänge der Industrie oder auch Arbeitsmarktdaten, die anzeigen, wie sehr Unternehmen nach Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern suchen, um bei hoher Auslastung die Aufträge abarbeiten zu können.
- Spätindikatoren: Als Spätindikatoren gelten zum Beispiel das Preisniveau und Daten zum Außenhandel. Beide können bei schon länger stabiler Konjunkturerholung anziehen.
Wer also grundsätzliche Investmententscheidungen oder taktische Gewichtungen im Anlageportfolio von konjunkturellen Entwicklungen abhängig machen möchte, sollte unbedingt die Gruppe der Frühindikatoren im Blick behalten – denn nur sie bieten die Chance, beim Einstieg oder der taktischen Schwerpunktsetzung wichtige Erholungs- und Wachstumszeiten nicht zu verpassen.
Wirtschaftsindikatoren: Drei wesentliche Gruppen
Schematische Darstellung zur Illustration. Es werden keine Prognosen zur konjunkturellen Entwicklung gegeben. Darstellung: FFB.
Die wichtigsten Frühindikatoren für Deutschland
Für die deutsche Volkswirtschaft haben sich drei Indikatoren als die Erhebungen etabliert, die von Expertenteams und Medien am häufigsten zur Abschätzung der künftigen konjunkturellen Entwicklung herangezogen werden. Wir stellen sie im Folgenden im Überblick vor.
Der ifo-Geschäftsklimaindex
Dieser Index wird vom ifo Institut seit 1972 regelmäßig veröffentlicht. Das ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e. V. – ist personell und organisatorisch mit der Ludwig-Maximilians-Universität im München verbunden. Als Geschäftsklimaindex versucht dieser Index die Stimmung in den Unternehmen in Deutschland zu erfassen.
Darstellung zur Information, Stand: Mai 2024. Darstellung: FFB
Beispiel: Werte für April 2024
Der ifo-Geschäftsklimaindex lag im Mai 2024 bei 89,3 Punkten. Im Vergleich zum Vormonat ist das Geschäftsklima somit etwa gleichgeblieben, gegenüber März 2024 um rund 1,5 Punkte gestiegen. Nach dem starken Rückgang von einem Indexwert nahe 100 im März 2022 als Folge des Ukrainekrieges setzt sich die moderate Erholung seit Mitte des letzten Jahres fort, wenn auch in Mai mit einer Stagnation in etwa auf dem Niveau von April 2024.
Ifo-Geschäftsklimaindex: Mai 2022 bis Mai 2024
Quelle:Statista/ifo-Institut. Stand: Mai 2024
Die Bewertung der laufenden Geschäfte verbesserte sich und laut ifo-Institut waren die Unternehmen auch mit Blick auf die Erwartungen für die nächsten Monate optimistischer.
Geschäftserwartungen (Jahresdurchschnittswerte): verbessert
Jahresdurchschnittswerte der Geschäftserwartung von 2005 bis 2024. Quelle: Statista/ifo-Institut. Stand: Mai 2024
Tipp
Die jeweils aktuell veröffentlichten Werte des ifo-Geschäftsklimaindex direkt abrufen unter: https://www.ifo.de/
Der ZEW-Konjunkturerwartungsindex
Dieser Index wird von ZEW (Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung) seit 1991 erhoben. Analysten und institutionelle Anleger werden für diesen Index nach ihren mittelfristigen Erwartungen bezüglich der Konjunktur- und Kapitalmarktentwicklung befragt.
Darstellung zur Information, Stand: Mai 2024. Darstellung: FFB
Beispiel: Werte für Mai 2024
Der Index der ZEW-Konjunkturerwartung lag im Mai 2024 bei 47,1 Punkten. Damit verbesserten sich die Konjunkturerwartungen im Vergleich zum Vormonat um mehr als vier Indexpunkte.
ZEW-Index zur Konjunkturerwartung in Deutschland: Mai 2022 bis Mai 2024
Quelle: Statista/ZEW. Stand: Mai 2024
Tipp
Die jeweils aktuell veröffentlichten Werte des ZEW-Konjunkturerwartungsindex direkt abrufen unter: https://www.zew.de/publikationen/zew-gutachten-und-forschungsberichte/forschungsberichte/konjunktur/zew-finanzmarktreport
GfK-Konsumklima-Index
Das seit 1980 erhobene GfK Konsumklima gilt als wichtiger Indikator für das
Konsumverhalten von Verbraucherinnen und Verbraucher sowie als Wegweiser für die konjunkturelle Entwicklung Deutschlands. Seit Oktober 2023 werden die von GfK erhobenen Daten des Konsumklimas gemeinsam mit dem Nürnberg Institut für Marktentscheidungen e. V. (NIM), Gründer der GfK, ausgewertet und herausgegeben.
Darstellung zur Information, Stand: Mai 2024. Darstellung: FFB
Beispiel: Werte für Mai 2024
Die Konsumstimmung in Deutschland hat sich in den ersten Monaten 2024 etwas erholt und stieg auf den höchsten Wert seit Mai 2022, liegt laut GfK aber weiter auf niedrigem Niveau.
GfK-Konsumklima-Index: Juni 2022 bis Juni 2024
Quelle: Statista/GfK/NiM. Stand: 29. Mai 2024
Der GfK-Konsumklima-Index lag im April 2024 bei einen Indexwert von -27,3 Punkten. Für Mai 2024 geht die GfK für das Konsumklima von einem Wert von -24,0 und für Juni von -20,9 Punkten aus. Der Index zeigt somit eine weitere Verbesserung bei der Stimmung der Konsumentinnen und Konsumenten. Laut der GfK-Konsumklimastudie verbesserten sich im jüngsten Prognosemonat die Indikatoren für die Einkommenserwartung und Anschaffungsneigung moderat. Der Indikator für die Konjunkturerwartung legte dagegen deutlich zu.
Tipp
Die jeweils aktuell veröffentlichten Werte des GfK-Konsumklimaindex direkt abrufen unter: https://www.gfk.com/de/presse
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