Provisionsverbot, Kostenbenchmarking, Best-Interest-Test – entscheidende und strittige Punkte der kommenden EU-Kleinanlegerstrategie. Ende April hat das EU-Parlament richtungsweisende Entscheidungen getroffen – wie es jetzt weitergeht.

Seit dem Vorschlag der EU-Kommission zu einer neuen Kleinanlegerstrategie schlugen die Wellen in der Branche und bei Verbänden hoch. Der Entwurf, der von EU-Finanzkommissarin Mairead McGuinness eingebracht wurde, enthielt einiges an Zündstoff: Allein die Punkte eines geplanten Provisionsverbotes, eines „Kostenbenchmarking“ für Produkte und eines „Best-Interest-Tests“, der Beratung und Vermittlung zum Vorschlag des jeweils kostengünstigsten Produktes eine Kategorie verpflichtet, könnten das Gesicht und Struktur des Finanzvertriebs entscheidend verändern.

Die Entscheidung des EU-Parlaments am 23. April 2024

Das EU-Parlament hatte seinen Währungs- und Wirtschaftsausschuss (ECON) mit einer Stellungnahme beauftragt. Am 20. März 2024 hatten die Vertreterinnen und Vertreter im ECON darüber abgestimmt. Nur knapp einen Monat später hat das EU-Parlament nun den Vorschlägen seines ECON-Ausschusses zugestimmt, die den Vorschlag der EU-Kommission wesentlich entschärft hatten.

Das direkt von den Bürgerinnen und Bürgern gewählte EU-Parlament hat damit Position bezogen. Für den Gesetzgebungsakt in der EU muss es sich mit dem Rat der Europäischen Union abstimmen – der EU-Instanz, die Mitgliedsstaaten vertritt und der Minister der 27 EU-Mitgliedsstaaten angehören.

Der Stand der Dinge

Das sind die wesentlichen Eckpunkte des nun vom EU-Parlament bestätigen ECON-Berichtes:

  • Kein Provisionsverbot im Vertrieb. Damit stellt sich das EU-Parlament gegen die Europäische Kommission, deren Vorschlag ein partielles Provisionsverbot für beratungsfreie Geschäfte enthalten hatte. 
  • In der Finanzportfolioverwaltung sollen Provisionen im bisherigen Umfang möglich sein. Die von der Kommission vorgeschlagenen Verschärfungen trägt das Parlament nicht mit. Damit dürfen Portfoliomanager auch künftig Provisionen entgegennehmen, um sie an ihre Anleger weiterzugeben. Sie dürfen auch wie bisher selbst Provisionen zahlen.
  • „Kostenbenchmarks“ ausschließlich für Aufsichtsbehörden: Für grenzüberschreitend vertriebene Anlageprodukte soll die europäische Wertpapieraufsicht ESMA EU-weite Benchmarks für Produkthersteller und Vertriebsstellen entwickeln. Bei Produkten, die nicht grenzüberschreitend vertrieben werden, kommt diese Aufgabe der jeweiligen nationalen Aufsichtsbehörde (z. B. der BaFin) zu. Diese Benchmarks dienen ausschlich den Aufsichtsbehörden, damit sie deutlich teurere Produkte erkennen können. 
  • „Best-interest-test“ mit qualitativen Aspekten. Neben den Kosten eines Produktes sollen nach dem Willen des Parlaments auch qualitative Faktoren beim Test berücksichtigt werden – und eben nicht einseitig die Kosten. Die von der Kommission vorgesehene Verpflichtung, auch ein jeweils vergleichbares Produkt ohne weitere Features anbieten zu müssen, wurde im Parlament abgelehnt.
  • Das Vergleichstool von Investmentfonds und Versicherungsprodukten („PRIIPs Comparison Tool“) soll kommen. Die Daten für eine solche von den EU-Aufsichtsbehörden für Finanzanlagen und Versicherungen ESMA und EIOPA betriebene Vergleichswebseite sollen sich aus dem ESAP speisen und ab Juli 2027 die Daten bereitstellen.

Wie es nun weitergeht

Die Vorgehensweise der EU, wenn das EU-Parlament den Vorschlägen der EU-Kommission für eine Gesetzgebung nicht zustimmt, sind informelle Trilog-Verhandlungen mit den drei beteiligten Instanzen. Die EU-Kommission spricht mit dem EU-Parlament und dem Rat, die zu jedem Gesetz eine Übereinkunft erzielen müssen.

Trilog: Beratungsrunde der wichtigen EU-Institutionen

Trilogpartner sind die EU-Kommission, der Rat der Europäischen Union und das EU-Parlament, dem beratend sein Ausschuss ECON angegliedert ist.

Darstellung: FFB

Bis dieser nächste Schritt vollzogen werden kann, ist allerdings noch etwas Geduld erfordert. Denn erst nach der Europawahl im Juni ist überhaupt klar, ob die bisherigen Berichterstatter des EU-Parlaments zu dem Thema wieder einen Sitz im Parlament erhalten – und ob sie wieder als Berichterstatter eingesetzt werden. Erst dann können die Trilog-Verhandlungen überhaupt aufgenommen werden.

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