Ausgerechnet Chemikalien einer Gruppe, die große Gefahren für Mensch und Umwelt bergen, sind für die Energiewende von großer Bedeutung. Kreativität und Innovation weisen den Ausweg aus diesem Dilemma. Ein Wettbewerbsvorteil für die EU?
Kaum ein Mensch ist so sehr zum Symbol der giftigen Wirkung bestimmter Chemikalien auf den menschlichen Organismus geworden wie Bucky Bailey.1 Seine Geschichte nahm ihren Anfang im Städtchen Parkersburg, gelegen im US-Bundesstaat West Virginia, wo DuPont ansässig ist. Der US- amerikanische Chemiekonzern ist und war dort ein sehr bedeutender Arbeitgeber – auch für Bucky Baileys Mutter.
Sue Bailey arbeitete dort bereits als Berufsanfängerin. Während sie 1980 mit Bucky schwanger war, wurde sie innerhalb des Unternehmens in die Teflon-Abteilung versetzt. Dort kam sie mit den Dämpfen von Perfluoroctan-Säure in Kontakt. Diese Chemikalie, auch bekannt als PFOA oder C8, verleiht Teflon genau die Antihafteigenschaften, die sehr viele Menschen von ihren Pfannen kennen.
Wirkungen auf Ungeborene
Neun Monate später erblickte Bucky das Licht der Welt. Er wurde mit einer Gesichtsverformung geboren. Ein Auge war beeinträchtigt. Er hatte nur ein Nasenloch. Viele Ärzte sagten damals, sie hätten Derartiges nie zuvor gesehen und bezweifelten, ob das Neugeborene überleben würde. Es überlebte und musste fortan mit großen Widrigkeiten und Torturen zurechtkommen. In seinen Mitdreißigern blickte Bucky Bailey bereits auf über 30 Operationen zurück.
Seine Geschichte steht beispielhaft für viele weitere Menschen, eine ganze Gemeinde und schließlich die ganze Welt, die von Verunreinigungen der Umwelt durch PFOA und ähnliche Chemikalien sowie deren gesundheitsschädigenden Wirkungen betroffen sind. Die juristischen Auseinandersetzungen zum Fall Parkersburg sollten Jahrzehnte andauern.
Auslöser von Nieren- und Hodenkrebs
Nach und nach konnten Zusammenhänge mit Nieren- und Hodenkrebs, Schilddrüsenerkrankungen, der schweren Schwangerschafts-Komplikation Präeklampsie, hohen Cholesterinwerten und entzündlichen Befällen des Dickdarms (Colitis ulcerosa) nachgewiesen werden. Dass Auswirkungen auch auf Ungeborene mit PFOA im direkten Zusammenhang stehen können, war DuPont früh bekannt. Denn dies hatte etwa eine Versuchsreihe gezeigt, in der das Unternehmen 3M, das DuPont damals mit PFOA belieferte, Muttertiere während der Schwangerschaft mit PFOA gefüttert hatte. Der Nachwuchs zeigte genau diejenigen Verformungen, die bei Bucky Bailey auftraten.
Der Dokumentarfilm The Devil We Know – Das unsichtbare Gift aus dem Jahr 2018 behandelt den Stoff rund um DuPont und PFOA. Hier steht Bucky Baileys Geschichte im Zentrum. Das US- amerikanische Drama Dark Waters mit dem deutschen Titel Vergiftete Wahrheit (siehe Textkasten), das 2019 in die Kinos kam, rollt den Fall aus Perspektive des Bauern Wilbur Tennant auf. Nachdem DuPont PFOA-Abfälle in die Umwelt eingeleitet hatte, wurden dessen Kühe immer kränker und verendeten nach und nach. Er wandte sich an den Anwalt Robert Bilott, der sich schließlich des Falls annahm.
Vergiftete Wahrheit (Dark Waters)
Bauern aus Parkersburg in West Virginia wenden sich an den Rechtsanwalt Rob Bilott, gespielt von Mark Ruffalo, weil ihre Kühe auf rätselhafte Weise krank wurden und starben. Sie vermuten dahinter den Chemiekonzern DuPont. Nach anfänglichem Zögern will der gewissenhafte Jurist den Fall aufklären und findet tatsächlich schnell belastende Indizien, die auf einen Umweltskandal von großem Ausmaß hindeuten. Unterstützt von seinem Vorgesetzten Tom Terp (Tim Robbins) und seiner Frau Sarah (Anne Hathaway) stürzt sich Bilott aufopferungsvoll in eine langwierige Auseinandersetzung, die ihn seinen Ruf, seine Gesundheit, privates Glück und vielleicht sogar sein Leben kosten könnte ...
Das Drama Vergiftete Wahrheit (Dark Waters) erzählt die wahre Geschichte des Anwalts Rob Bilott, der es im Alleingang mit einem der weltweit größten Chemiekonzerne aufnahm und den sogenannten Teflon-Skandal ans Licht brachte. Seinen Kampf, für den Bilott bereits 2017 mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet wurde, inszenierte Regisseur Todd Haynes als packenden Wirtschaftsthriller.
Quelle (leicht adaptiert): https://tobis.de/titel/vergiftete-wahrheit
Alternativen Nobelpreis für das Engagement gegen PFOA
Robert Bilott widmete Jahrzehnte seines Berufslebens den Prozessen gegen DuPont und legte dabei eine große Hartnäckigkeit und Ausdauer an den Tag. Er wies dem Chemiekonzern nach, Giftabfälle in den Ohio River geleitet zu haben, und erstritt Entschädigungen für die Opfer des Umweltskandals. 2017 erhielt er dafür den oft als Alternativen Nobelpreis bezeichneten Right Livelihood Award.2 Und er kämpft auch heute noch für den Schutz der Menschen vor gefährlichen Chemikalien. Hierbei geht es mittlerweile nicht mehr nur um PFOA, sondern um die gesamte Chemikaliengruppe der per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen, für die das Akronym PFAS verwendet wird. PFOA ist eine dieser Substanzen.
PFAS können besonders gut Wasser, Schmutz und Fett abweisen.3 Daher sind sie in der Industrie so beliebt. Zudem sind sie feuerbeständig und werden beispielsweise in Löschschäumen verwendet. Zu den PFAS zählen mittlerweile mindestens 4.700 verschiedene Stoffe. Laut einigen Quellen sind es sogar bis zu 15.000.4 Sie finden Anwendung in so unterschiedlichen Produkten wie Beschichtungen in Autos und Flugzeugen, Druckerfarben, Wachsen und Schmierstoffen, Kochgeschirr, Wetterschutzkleidung, Textilien, Teppichen, Lebensmittelverpackungen, Kosmetika oder auch Farben und Imprägnierungen von Holz und Fliesen.
Ewigkeits-Chemikalien im Blut fast aller Menschen nachweisbar
Das Problem: Während der gesamten Wertschöpfungskette, von der Herstellung, über die Weiterverarbeitung bis zur Nutzung und Entsorgung, können PFAS in die Luft, ins Wasser und in den Boden gelangen. Sie sind mittlerweile in entlegensten Gebieten nachzuweisen, etwa in schwer zugänglichen arktischen oder alpinen Regionen. Einige PFAS wie PFOA reichern sich in Tieren, Pflanzen und Menschen an und sind gesundheitsschädigend. Beim Menschen können die Chemikalien ins Blut gelangen und sich in Leber und Niere anreichern, weshalb sie auch von der Mutter während der Schwangerschaft und Stillzeit an das Kind weitergegeben werden. Studien zufolge gibt es kaum noch Menschen, in dessen Blut keine PFAS nachzuweisen sind.5 Weil sie nicht oder nur über sehr lange Zeiträume vollständig abbaubar sind, werden sie Ewigkeits-Chemikalien genannt.
Anwalt Robert Bilott warnt in einem Film6 zu PFAS, der anlässlich des Global Forum on Environment der OECD im Jahr 2020 gezeigt wurde und Sequenzen von Dark Waters enthält, vor einer „Kontamination in einem noch nie dagewesenen Ausmaß“. Aufgrund der Tragweite des Problems fordert er rechtliche Schritte. Die gesamte Chemikaliengruppe müsse reguliert und eingeschränkt werden. Und tatsächlich tut sich etwas bei dem Thema. Verschiedene Länder, die EU und internationale Organisationen ergreifen zunehmend Maßnahmen.
Vereinte Nationen und OECD arbeiten zu gefährlichen Chemikalien
So unterhält die OECD das von der EU geförderte Portal on Per and Poly Fluorinated Chemicals. Es soll den Austausch von Informationen erleichtern und weltweit den Übergang zu sicheren Alternativen fördern. Es wird von einer 2012 gegründeten OECD-Arbeitsgruppe mit Fachleuten aus Wissenschaft, Verwaltung, Industrie und Zivilgesellschaft betreut. Die Vereinten Nationen sehen ebenfalls die Notwendigkeit, Herausforderungen rund um schädliche Chemikalien zu adressieren. Sie arbeiten daran, ein wissenschaftspolitisches Gremium für Chemikalien, Abfälle und die Vermeidung von Umweltverschmutzung aufzubauen.7 Das Panel soll eine Rolle analog zum Weltklimarat IPCC und Weltbiodiversitätsrat IPBES ausfüllen.
Konkrete Maßnahmen zu PFAS sieht die Chemikalien-Strategie der EU vor. Sie ist Teil des Green Deals und steht in direktem Zusammenhang mit dessen Ziel, die Umweltverschmutzung auf null zu senken. Der Strategie zufolge soll die Verwendung von PFAS schrittweise auslaufen, sofern sie nicht unerlässlich ist. Dies ist laut EU dann der Fall, wenn sie mit Blick auf Aspekte wie Gesundheit und Sicherheit erforderlich ist oder für das Funktionieren der Gesellschaft gebraucht wird – und es keine Alternativen gibt.8
Große Teile der Wirtschaft laufen Sturm gegen ein PFAS-Verbot
Weil PFAS in so vielen Produkten verwendet werden, stoßen politische Bestrebungen, deren Gebrauch weitgehend einzuschränken, bei Unternehmen und Industrieverbänden teils auf heftige Widerstände. So sieht der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) ein umfassendes PFAS- Verbot mit Sorge.9 Die breite Regulierung ganzer Stoffgruppen sei unangemessen. Tatsächlich wären gesetzliche Bestimmungen nicht nur für einzelne Chemikalien sondern gleich für eine ganze Gruppe ein historisches Novum. Der BDI warnt davor, dass mit dem Wegfall von mehreren tausend PFAS viele dringend benötigte Anwendungen in der EU nicht mehr produziert werden könnten.10
Mit den Worten von Bernhard Langhammer, der ehemals bei der 3M-Tochter Dyneon eine Führungsposition innehatte, also bei jenem Unternehmen, das bereits sehr früh in eigenen Versuchsreihen die gefährlichen gesundheitlichen Auswirkungen von PFOA nachwies, hört sich das nochmals dramatischer an. In einer ARD-Dokumentation11 veranschaulicht er seinen Standpunkt so: In jedem Verbrennerauto befände sich ein Kilogramm PFAS. In einem Elektroauto aber zehn Kilogramm. Sollte nun auf Elektromobilität verzichtet werden? Auf die Chipproduktion? Auf 5-G- Technologie, Brennstoffzellen und Wasserstoff-Elektrolyse? Ohne PFAS könne es weder eine Energiewende noch Zukunftstechnologien geben, fasst Bernhard Langhammer seine Bedenken zusammen.
Ohne PFAS keine Solarenergie?
Die Singulus Technology AG sieht dies ähnlich. Das Unternehmen aus Kahl am Main baut Maschinen, die unter anderem im Solarbereich zum Einsatz kommen. Laut Stefan Rink, dem Vorstandsvorsitzenden, würden massive PFAS-Einschränkungen für das Unternehmen sehr bald zu einem großen Problem werden. Bei Maschinen, die sie für die Produktion von Solarmodulen bauen, werden PFAS unter anderem in Schläuchen eingesetzt. Bislang gibt es nach den Worten von Stefan Rink gerade einmal für fünf bis zehn Prozent der Einsatzbereiche Alternativen.12
Wie kann nun der Ausweg aus einem solchen Dilemma aussehen? Einerseits steht die schädigende Wirkung von PFAS aus Sicht von Umweltchemie und Toxikologie außer Zweifel. Professor Ralf Ebinghaus, Umweltchemiker im Helmholtz-Zentrum Hereon, hebt die dringende Notwendigkeit eines Verbots auch deshalb hervor, weil es sich um Ewigkeits-Chemiklaien handelt. Da sie sich nicht abbauen, steige ihre Konzentration beständig an. Jedoch kann es auf der anderen Seite keine Option sein, die Energiewende abzusagen.
Marktreife Alternativen für Wärmepumpen
Hoffnung vermag da die Forschung an Alternativen zu verbreiten. Beispielsweise gibt es für Kühlmittel von Wärmepumpen bereits PFAS-freie Alternativen. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme entwickelte hierfür einen optimierten Propan-Kältekreis.13 Die Hahn-Schickard- Gesellschaft aus Freiburg ist nach eigenen Angaben Vorreiter PFAS-freier Elektrolyseure und Brennstoffzellen.14 Und es gibt weitere Beispiele, deren Anzahl nach Überzeugung von Prof. Martin Scheringer, Umweltchemiker an der ETH Zürich, als Folge von gesetzlich eingeschränkten PFAS stark zunehmen würde. Er führt den historischen Vergleich des FCKW-Verbots an. Dieses habe damals einen Innovationsschub ausgelöst.15
Einen Schritt weiter geht Professor Till Requate, der an der Universität Kiel eine Professur für Innovations-, Wettbewerbs und Neue Institutionenökonomik innehat. Er sieht darin, Substitute für PFAS zu entwickeln, eine große Chance, Marktführer eines neuen Segments zu werden. Bei den Erneuerbaren Energien sei Deutschland mittlerweile nur noch Importeur. Die Chancen, die damals verschlafen worden seien, könnten nun mit Blick auf PFAS-Alternativen proaktiv ergriffen werden, anstatt über die Verbote zu klagen.16 Die These wäre also, dass Regulierung an dieser Stelle komparative Vorteile ermöglicht.
Investoren stehen mit Unternehmen zu Ewigkeits-Chemikalien im Dialog
Dies mag auch einer der Beweggründe sein, weshalb Investoren Chemiekonzerne dazu anhalten, sich mit Blick auf PFAS proaktiv weiterzuentwickeln. Mit der Unterstützung der NGO Chemsec setzt sich beispielsweise die Investor Initiative on Hazardous Chemicals (IIHC) dafür ein, dass Unternehmen dieser Branche die negativen Auswirkungen gefährlicher Chemikalien und die damit einhergehenden finanziellen Risiken verringern. Hierzu steht IIHC, deren Mitglieder zwölf Billionen US-Dollar repräsentieren, im Dialog mit den weltweit größten börsennotierten Chemieunternehmen. Insbesondere geht es IHCC um öffentlich zugängliche Ausstiegspläne zu Produkten, die Ewigkeits- Chemikalien sind oder enthalten, die Entwicklung sicherer Alternativen und Transparenz.
Zu Letzterer trägt Chemsec unter anderem mit seinem ChemScore bei. Hierbei handelt es sich um eine Rangliste der 50 größten Chemieproduzenten der Welt hinsichtlich ihrer Leistung in folgenden Kategorien: Der Toxizität des Produktportfolios, der Forschung und Entwicklung zu nicht-toxischen Chemikalien, dem Management und der Transparenz sowie der Anzahl und dem Umfang der Kontroversen und Skandale, in die das Unternehmen verwickelt war. Zu jedem einzelnen Unternehmen können Berichte eingesehen werden. Das Ranking wird jährlich erstellt. DuPont belegte 2023 den letzten Platz.
3M steigt wegen Rechtsstreitigkeiten bis 2025 aus PFAS aus
Ein weiteres Unternehmen, das auf den hinteren Plätzen rangiert, ist das bereits mehrfach erwähnte Unternehmen 3M. Tatsächlich aber plant es den Ausstieg aus der PFAS-Produktion. Hiervon ist auch die Tochter Dyneon mit 700 Arbeitsplätzen am bayerischen Standort Gendorf betroffen. Der Grund für den Rückzug sind vielfache Rechtsstreitigkeiten in Verbindung mit PFAS. Der Konzern zahlt dafür in den USA mindestens 10,3 Milliarden US-Dollar.17
Von Rechtstreitigkeiten wegen der Ewigkeits-Chemikalien blieb auch Chemours nicht verschont.18 Der US-amerkanische Chemiekonzern, der sich 2015 von DuPont abspaltete, belegt im ChemScore 2023 den drittletzten Platz. Neben juristischen Auseinandersetzungen in den USA wird auch der Chemours-Standort im niederländischen Dordrecht wegen der Verschmutzung der dortigen Region durch PFAS verklagt – von staatlichen Stellen.19 Einer ARD-Dokumentation20 zufolge zieht Chemours daraus im Gegensatz zu 3M jedoch nicht die Konsequenz, vom bisherigen Kurs abzurücken.
Giftige Chemikalien bei Chemie- Textil- und Transportunternehmen
Dass auch andere Herangehensweisen möglich sind, verdeutlicht wiederum ChemScore. Es zeigt Positivbeispiele auf, wie Unternehmen biologisch basierte und erneuerbare Materialien einsetzen, Strategien mit Ausstiegsplänen aus gefährlichen Chemikalien öffentlich verfügbar machen oder in vorbildlicher Weise Informationen zu den genutzten gefährlichen Chemikalien offenlegen.21 Auch Unternehmen, die nicht oder nicht im engeren Sinne zur Chemiebranche zählen und bei nachhaltigen Fonds daher nicht unter Ausschlusskriterien zu toxischen Substanzen fallen, können mit giftigen Chemikalien im Zusammenhang stehen. Beispiele sind Textilproduzenten, die PFAS in Kleidung, Schuhen und Accessoires einsetzen, oder Transportunternehmen wie Union Pacific.
Die Mutter der Eisenbahngesellschaft Union Pacific Railroad sieht sich bereits seit geraumer Zeit mit Vorwürfen zu Umweltverschmutzungen konfrontiert, die Ursache für erhöhte Krebsraten in der Gemeinde Kashmere Gardens im texanischen Housten sein sollen.22 Der Stadtteil liegt in unmittelbarer Nähe eines Güterbahnhofs. Dort verwendete das Unternehmen über lange Zeiträume die teerartige, schwer abbaubare, jedoch nicht als Ewigkeits-Chemikalie eingestufte23 Substanz Kreosot, um Eisenbahnschwellen zu beschichten. Kreosot enthält mehrere bekannte krebserregende Stoffe.
Menschen in kontaminierten Gebieten umsiedeln?
Union Pacific veröffentlichte jüngst erste Ergebnisse einer gemeinsam mit der US- Umweltschutzbehörde durchgeführten Studie. Demnach waren in Kashmere Gardens keine erhöhten Werte krebserzeugender Stoffe festzustellen. Das Unternehmen stellte klar, keine Maßnahmen zur Umsiedlung der in Kashmere Gardens lebenden Menschen zu ergreifen, bis die abschließenden Ergebnisse vorliegen. Unter anderem weil die texanische Gesundheitsbehörde die Gemeinde bereits 2019 als Krebscluster einstufte, also als Gebiet mit überdurchschnittlich vielen Krankheitsfällen, reagierten das Houstener Gesundheitsamt und die dortigen Menschen mit Unverständnis. Aus ihrer Sicht steht Union Pacifics Verantwortung außer Zweifel. Die finalen Studienergebnisse werden im Dezember 2024 erwartet.
Ewigkeits-Chemikalien beeinflussen mittlerweile sogar Sport-Events wie den Engadin-Skimarathon. Über viele Jahre war es normal, Skier mit fluorhaltigen Substanzen zu wachsen. Sie lassen die Latten gerade bei Temperaturen über dem Gefrierpunkt besonders gut gleiten, enthalten aber das giftige PFOA. Dort, wo der Engadin-Skimarathon normalerweise startet, konnte es in erhöhter Konzentration nachgewiesen werden und in weiteren Tests zudem in den Fischen der dortigen Talseen. Damit war eine Erklärung für die im Vergleich zu vor zwanzig Jahren bis zu 80 Prozent reduzierten Fangquoten gefunden. Als Konsequenz ist das Wachsen mit PFOA-haltigen Mitteln dort seit letztem Winter verboten. Die Skier werden darauf nun mit Infrarotspektroskopie-Geräten geprüft. Beim Sportgerät von Maëlle Veyre, die bei den Frauen als erste ins Ziel eingelaufen war, leuchteten die Lampen rot auf. Sie wurde daraufhin disqualifiziert.24
Giftige Chemikalien können Menschen somit sportliche Erfolge, die Gesundheit und das ganze Leben kosten. Entsprechend groß sind die Risiken für Unternehmen – und zugleich die Chancen. Die aktuellen EU-Pläne zu PFAS, die mit bis zu 13,5 Jahren recht großzügige Übergangsfristen vorsehen, könnten in der EU tatsächlich einen Innovationsschub auslösen. Ob Unternehmen, die in entsprechende Forschungs- und Entwicklungsarbeiten investieren, dafür belohnt werden, entscheidet sich somit auch bei den Europawahlen im Juni 2024. Derzeit überwiegen allerdings Anzeichen dafür, dass die anvisierte PFAS-Regulierung nach der Wahl stark aufgeweicht werden könnte.
Auf die Stärke und Kreativität von Menschen setzen
Dies würde bedeuten, dass mittelfristig nicht die Maßnahmen ergriffen werden, um die aus PFAS resultierenden Risiken für Mensch und Natur weit möglichst zu reduzieren. Dabei sollten die Widrigkeiten, mit denen Bucky Bailey und andere kämpfen mussten und müssen, als Mahnung wirken, rasch und umfassend aktiv zu werden. Der Fall Parkersburg kann zudem als Inspiration dienen. Denn dort erwiesen sich Bucky Bailey, Robert Bilott und viele andere im Angesicht dieser schwierigen Herausforderungen als bewundernswert ausdauernd und stark.
Die Chemikalie PFOA, die auf das Leben vieler Menschen so verhängnisvoll einwirkte, ist in der EU seit 2020 verboten.25 Der dortigen Chemie-Industrie, in der immerhin 1,3 Milliarden Menschen beschäftigt sind und die 30.000 meist kleine und mittelgroße Unternehmen umfasst,26 hat dies verwunden. Zumindest ist der Staatenverbund nach wie vor der zweitgrößte Chemikalienhersteller der Welt. Und eine ambitionierte Regulierung zu PFAS und anderen giftigen Chemikalien könnte diese Industrie und diesen Standort weiter stärken, indem sie klare Rahmenbedingungen schafft und innovative Unternehmen belohnt. Und damit zeigt, dass die Energie- und Chemiewende zeitgleich möglich sein können.
Von Ethius Invest im Mai 2024
1 Siehe https://eu.delawareonline.com/story/news/2016/04/02/c8-suspected-birth-defects-one-womans-story/81473242/.
2 Siehe https://www.sueddeutsche.de/politik/alternativer-nobelpreis-dieser-mann-ist-erin-brockovitch-1.3681979.
3 Siehe https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/2546/publikationen/uba_sp_pfas_web_0.pdf. Die folgenden Ausführungen speisen sich wesentlich aus dieser Publikation.
4 Diese Zahlen werden zum Beispiel hier https://www.fraunhofer.de/de/forschung/aktuelles-aus-der- forschung/pfas.html#:~:text=Bereits%20im%20Jahr%202025%20will,moderne%20Medizintechnik%2C%20f%C3%BCr%20die%20Halbleiteri ndustrie mit Bezug auf die US-Umweltschutzbehörde genannt.
5 Vgl. etwa https://www.dzne.de/aktuelles/pressemitteilungen/presse/ewigkeitschemikalien-pfas-im-blut-sind-allgegenwaertig-und-mit- erhoehtem-risiko-fuer-herz-kreislauf-erkrankungen-verbunden/ oder https://chemsec.org/wrappedinchemicals/de/facts/99-der- menschen-haben-pfas-chemikalien-in-ihrem-blut/.
6 Der Film ist unter https://www.youtube.com/watch?v=mrn21q_0qV0 in voller Länge verfügbar.
7 Siehe https://www.unep.org/oewg-spp-chemicals-waste-pollution.
8 Siehe https://www.consilium.europa.eu/de/infographics/eu-chemicals-strategy/.
9 Siehe https://bdi.eu/artikel/news/industrie-sieht-umfassendes-pfas-verbot-mit-sorge.
10 Ebenda.
11 In ganzer Länge hier https://www.ardmediathek.de/video/ard-wissen/pfas-gift-fuer-die-ewigkeit-oder-wie-abhaengig-sind-wir/das- erste/Y3JpZDovL2Rhc2Vyc3RlLmRlL2FyZC13aXNzZW4vMjAyMy0xMC0zMF8yMi01MC1NRVo?at_campaign=c0060&at_medium=podcast&a t_target=conv&at_adg=ardwpfas&at_ad=11km&at_term=shownotes zu sehen.
12 So äußert er sich in einer ARD-Sendung, die komplett unter https://www.ardmediathek.de/video/plusminus/pfas-verbot-gefaehrdet-das- eu-vorhaben-die-energiewende/das- erste/Y3JpZDovL2Rhc2Vyc3RlLmRlL3BsdXNtaW51cy8zMTdmNzAyMy01OThmLTQ1MDItOWFhZS1iMTUzOGI1ODA1MWQ angeschaut werden kann.
13 Vgl. https://www.ise.fraunhofer.de/de/presse-und-medien/presseinformationen/2023/klimafreundliches-heizen-fraunhofer-ise- entwickelt-propan-kaeltekreis-fuer-waermepumpen.html.
14 Vgl. https://www.hahn-schickard.de/news-detail/vorreiter-in-der-entwicklung-pfas-freier-elektrolyseure-und-brennstoffzellen.
15 Auch er äußert sich in der ARD-Dokumentation (https://www.ardmediathek.de/video/ard-wissen/pfas-gift-fuer-die-ewigkeit-oder-wie- abhaengig-sind-wir/das- erste/Y3JpZDovL2Rhc2Vyc3RlLmRlL2FyZC13aXNzZW4vMjAyMy0xMC0zMF8yMi01MC1NRVo?at_campaign=c0060&at_medium=podcast&a t_target=conv&at_adg=ardwpfas&at_ad=11km&at_term=shownotes).
16 Vgl. https://www.kettner-edelmetalle.de/news/eu-plane-fur-pfas-verbot-ein-zweischneidiges-schwert-fur-die-energiewende-26-04-2024 und https://www.ardmediathek.de/video/plusminus/pfas-verbot-gefaehrdet-das-eu-vorhaben-die-energiewende/das- erste/Y3JpZDovL2Rhc2Vyc3RlLmRlL3BsdXNtaW51cy8zMTdmNzAyMy01OThmLTQ1MDItOWFhZS1iMTUzOGI1ODA1MWQ .
17 Vgl. https://www.chemietechnik.de/sicherheit-umwelt/3m-zahlt-ueber-10-milliarden-euro-fuer-pfas-rechtstreits-915.html.
18 Siehe etwa hier https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/pfas-dupont-chemours-und-corteva-zahlen-1-2-milliarden-dollar-18939390.html.
19 Siehe https://sliedrecht24.nl/oproep-aan-inwoners-aangifte-omwonenden-tegen-chemours-dupont/.
20 Aus der bereits zuvor zitiert wurde, siehe https://www.ardmediathek.de/video/ard-wissen/pfas-gift-fuer-die-ewigkeit-oder-wie- abhaengig-sind-wir/das- erste/Y3JpZDovL2Rhc2Vyc3RlLmRlL2FyZC13aXNzZW4vMjAyMy0xMC0zMF8yMi01MC1NRVo?at_campaign=c0060&at_medium=podcast&a t_target=conv&at_adg=ardwpfas&at_ad=11km&at_term=shownotes.
21 Vgl. https://chemscore.chemsec.org/app/uploads/2023/12/ChemScore_Best-practices.pdf.
22 https://houstonlanding.org/union-pacific-press-release-on-contaminant-results-frustrates-houstons-kashmere-gardens/.
23 Dazu, dass Kreosat zu den PFAS zählt, konnten keine Anhaltspunkte gefunden werden.
24 Siehe https://www.nzz.ch/sport/weitere-sportarten/engadin-skimarathon-siegerin-wegen-fluorwachs-disqualifiziert-ld.1821530.
25 Siehe https://www.umweltbundesamt.de/themen/eu-verbietet-pfoa.
26 Vgl. https://www.consilium.europa.eu/de/infographics/eu-chemicals-strategy/.
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