Das Klima an den Finanzmärkten wird rauer. An den aufstrebenden Märkten aber ergeben sich für aktive Assetmanager neue und attraktive Gelegenheiten. Die Aussichten, die Chancen und Risiken analysiert Fondsmanager Michael Vander Elst.

Schwellenländeranleihen bieten eine einzigartige Mischung aus Diversifikationsvorteilen, attraktiven Carrys und hohem Renditepotenzial. Sie  eröffnen den Zugang zu einem ganzen Anlageuniversum, das weitgehend nicht mit dem der entwickelten Märkte synchronisiert ist.

Viele Staaten sind nicht in Benchmark-Indizes für Schwellenländer und Frontier Markets enthalten. Dies kann die Diversifizierungsvorteile dieser Indizes stark einschränken. Bei einem aktiven Ansatz sollte man sich daher nicht nur auf die größten Schwellenländer beschränken, sondern auch die sog. Frontier-Märkte mit einbeziehen. Diese sind definiert als Volkswirtschaften in einem sehr frühen Entwicklungsstadium. Auf Euro oder US-Dollar lautende Anleihen von Frontier Markets können derzeit Renditen von 10 Prozent und mehr erzielen, in Lokalwährungen teilweise das Doppelte. Zudem trägt ein Investment in Frontier Markets zur Risikodiversifizierung des Portfolios bei.

Anleger sollten sich jedoch bewusst sein, dass diese Märkte Liquiditätsprobleme haben können. Sie verfügen oft nicht über die institutionelle Stärke und finanzielle Infrastruktur etablierterer Volkswirtschaften. Oftmals fehlt ein robuster Bankensektor oder gut etablierte institutionelle Pensionsfonds. Ein aktives Management spielt eine wichtige Rolle bei der Bewältigung solcher Herausforderungen.

Frontier-Märkte werden von Analysten oft nicht ausreichend berücksichtigt oder völlig übersehen, so dass es den Anlegern an verfügbaren Informationen mangelt. Infolgedessen können zwei Länder mit demselben Kreditrating auf dem Papier in der Realität sehr unterschiedliche Risikoprofile aufweisen. Um diese Nuancen zu durchdringen, müssen Anleger und Analysten gründliche Nachforschungen anstellen, am besten vor Ort und aus erster Hand. Der "Boots on the Ground"-Ansatz bringt einen Informationsvorsprung und kann Anlegern helfen, den Wert ihres Portfolios an Schwellenländeranleihen zu steigern.

Attraktive Anlageklasse in unruhigen Zeiten

Die Zentralbanken der Schwellenländer haben mit ihren Straffungsmaßnahmen zum Teil deutlich früher begonnen als die der Industrieländer. Viele von ihnen – vor allem in Lateinamerika – dürften die Zinssätze auf den kommenden Sitzungen lockern; Costa Rica und Uruguay haben die Zinsen bereits gesenkt. Im Gegensatz dazu ist es unwahrscheinlich, dass die Zentralbanken der Industrieländer kurzfristig ihre Geldpolitik lockern werden.

Die Spreads sind im historischen Vergleich hoch; viele Schwellenländer bieten zweistellige Renditen. Ausländische Investoren sind an diesen Märkten so wenig engagiert wie seit langem nicht.

Zusammen mit dem potenziellen Rückenwind durch eine weitere Dollar-Abschwächung und die Wiederbelebung der chinesischen Wirtschaft werden diese Faktoren zu einem starken Jahr für Schwellenländeranleihen beitragen. Mögliche Risiken, die vor allem mit der globalen Anlegerstimmung zusammenhängen, scheinen nach den Schocks von 2022 nachzulassen.

In den Frontier Ländern hat die Analyse von Abwärtsrisiken und politischen Rahmenbedingungen oberste Priorität. So ist Ecuador als Ölexporteur mit einer auf den US-Dollar ausgerichteten Wirtschaft gut aufgestellt, aber die gesellschaftlichen Unruhen destabilisieren das Land. Hingegen weist Nigeria eine geringe Verschuldung und ein günstiges Tilgungsprofil auf, so dass die hohen Renditen seiner Eurobonds trotz der tiefgreifenden wirtschaftlichen und politischen Probleme des Landes eine Überlegung wert sind.

Auch mit Anleihen aus notleidenden und sogar ausgefallenen Staatsanleihen lassen sich positive Renditen erzielen, wenn die Bewertung solcher Anleihen den Restrukturierungsbedarf des Landes über- und somit ihren inneren Wert unterschätzt.

Chancen in Hartwährung und lokaler Währung

Die Wahl zwischen Hart- und Lokalwährungsanleihen hängt von der Risikobereitschaft des Anlegers und dem gewünschten Engagement in verschiedenen Marktrisiken ab.

Hartwährungen wie der US-Dollar oder der Euro sind leicht konvertierbar und werden international in großem Umfang genutzt. Im Gegensatz dazu werden Lokalwährungsanleihen vorwiegend von Investoren verwendet, die im jeweiligen Land oder in der Region heimisch sind.

Jede Währungsart hat ihre eigenen Vor- und Nachteile. Bei Hartwährungsanleihen besteht vor allem das Kreditrisiko. Bei Anleihen in Landeswährung dominiert das Währungsrisiko, d. h. das Risiko einer Abwertung. Da die lokale Währung außerhalb der Landesgrenzen oft nur begrenzt akzeptiert wird oder konvertierbar ist, reagieren Hartwährungsanleihen mit ihrer breiteren Anlegerbasis schneller auf Veränderungen der Risikostimmung.

Umgekehrt profitieren Lokalwährungsanleihen oft von der Unterstützung der Investoren vor Ort. Diese halten bei Ausverkäufen eher an Anleihen mit längeren Laufzeiten fest, da sie Verbindlichkeiten in derselben Währung haben.

ESG-Ansatz in dieser Anlageklasse – Erfahrungshorizont von über einem Jahrzehnt

Nachhaltigkeit spielt im Anlageprozess eine entscheidende Rolle. Gute Regierungen und starke Volkswirtschaften bedingen einander und bilden eine wesentliche Dimension für die Bewertung. Starke Institutionen, gut eingeführte Prozessabläufe und verfassungsmäßig verankerte Haushaltsregeln tragen zur Stabilität bei. Dezentralisierte Macht und ein Fokus auf das Wohlergehen der Bevölkerung und künftiger Generationen können dazu beitragen, Konflikte zu vermeiden und langfristige Investitionsrisiken zu begrenzen. Schwellenländer greifen zunehmend auf spezielle Finanzierungsinstrumente wie Umwelt-, Sozial- und Nachhaltigkeitsanleihen zurück.

Dies sind sehr positive Entwicklungen, da eine Betonung der Nachhaltigkeit bei Investments in Schwellenländern nicht nur langfristige Stabilität gewährleistet, sondern auch ausländische Investitionen fördert.

DPAM stützt sich auf ein eigenes quantitatives Nachhaltigkeitsmodell. Mit seinen 50 Kriterien wird das ESG-Profil der Länder bestimmt, in die investiert werden soll. Dieses Modell ist seit über einem Jahrzehnt im Einsatz und, berücksichtigte bereits Nachhaltigkeitsziele, bevor sie von den Vereinten Nationen vorangetrieben wurden.

Schlüsselfaktoren für die starke Entwicklung der Schwellenländer in den letzten 10 Jahren

Der Markt hat sich in den vergangenen zehn Jahren rasch vergrößert, vor allem bei Anleihen in Lokalwährung.

Zweitens hat sich die Qualität der Schwellenländer-Institutionen deutlich verbessert, vor allem dank der zunehmenden technischen Unterstützung durch multilaterale Institutionen, die zu einer besseren Datenverfügbarkeit, neuen Strategien und einer engeren Zusammenarbeit mit den Anlegern geführt hat. Diese Verbesserungen haben ein stabileres und zuverlässigeres Investmentumfeld geschaffen.

Im Vergleich zu vergangenen Phasen aggressiver geldpolitischer Straffung hat sich die Anlageklasse entsprechend stabiler entwickelt: Spannungen traten nur bei einzelnen Staaten auf, deren Schwächen schon lange bekannt sind, wie Bolivien, Ghana, Pakistan und Sri Lanka. Anders als in Lateinamerika in den 1980er oder in Asien in den 1990er Jahren gibt es keine systematischen Bedrohungen, die ganze Regionen in Mitleidenschaft ziehen könnten. Stabilere Volkswirtschaften ebnen den Weg für weiteres Wachstum und für Entwicklung, wenn die derzeitigen externen Schocks nachlassen. Das wird die Anlageklasse für Investoren noch attraktiver machen.

Autor:

Michael Vander Elst, Co-Manager Emerging Market Debt Strategie bei DPAM

Anlageprodukte:

DPAM L Bonds Emerging Markets Sustainable (LU0907927338 / LU0907927171 / LU0966596875)

 

Degroof Petercam AM (DPAM) ist eine in den Beneluxländern führende unabhängige Asset Management-Gesellschaft mit langjähriger Marktreputation in Long Only-Anlagekonzepten sowie spezialisierten Asset Management-Lösungen.

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