Starke USA, dynamisches Asien und krankes Europa – welche Entwicklungen stehen an und was muss sich ändern? Zusammenfassung des Webinars mit Prof. Dr. Dr. h.c. Lars P. Feld und Dr. Hendrik Leber vom 15.10.2024

Dr. Hendrik Leber diskutierte und befragte Prof. Lars P. Feld am 15. Oktober 2024 zur aktuellen Situation in Europa, den USA und Asien. Die wichtigsten Punkte haben wir für Sie zusammengefasst, vor allem welche Möglichkeiten bestehen, Deutschland wieder flottzumachen.

Eine der wichtigsten Erkenntnisse vorab, die sich wie ein roter Faden durchzog: Deutschland stranguliert sich mit der überbordenden Regulierung.

Kosten, Kosten, Kosten…

Der persönliche Berater des Bundesfinanzministers und ehemalige Wirtschaftsweise Prof. Feld sieht die deutsche Wirtschaftsentwicklung stark überlagert von Strukturproblemen. Die Unternehmen seien konfrontiert mit überhöhten Kosten bei Arbeit, Energie, Regulierung und einer hohen Steuerbelastung. Auch bei den Kosten für die Familienpolitik sieht er Chancen für Einsparungen und Effizienzgewinne. Wichtig sei der ökonomische Sinn der Maßnahmen und nicht ihre Beliebtheit. Bei Leistungen wie dem Bürgergeld müssten zudem hinreichende Anreize gesetzt werden, damit es sich lohnt, zu arbeiten. Im Hinblick auf die Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte sah er im Kontrast zu anderen Ländern Hürden in der Komplexität der deutschen Sprache und ebenfalls in der Regulierung. Den Arbeitsmarkt betreffend würde er weiterhin das gesetzliche Renteneintrittsalter hoch setzen und die Berechnung der Haltelinie ändern, um die Problematik der Beibehaltung des Rentenniveaus aufzuschieben. 

Subventionen und die Schuldenbremse

Ein Wildwuchs mit erheblichem Korrekturbedarf liegt nach Prof. Feld bei den Subventionen vor, wo die Finanzhilfen in den letzten Jahren massiv erhöht wurden. Zu den Subventionen zählen auch Steuervergünstigungen. Ähnlich wie beim Bürgergeld könnten manche Punkte aber nicht einfach gestrichen werden, weil rechtliche Zusagen und Vertrauensschutz ihnen entgegenstehen. Ein ausgeglichener Bundeshalt wäre grundsätzlich aber möglich. Dazu würde er von den Transferblöcken (Familienpolitik, Subventionen) Gelder verschieben für Investitionstätigkeiten des Staates. Zudem würde er bessere Rahmenbedingungen für die Finanzierung von Infrastrukturmaßnahmen überlegen. Wichtig sei generell aber die Einhaltung der Schuldenbremse, da die Wünsche auf der Ausgabenseite immer unendlich ausfielen, unabhängig von den verfügbaren finanziellen Mitteln. Die Aufgabe des Staates sei es deshalb, die benötigten Ausgaben zu priorisieren. 

Industriepolitik

Im Hinblick auf die Industriepolitik könnte ein wesentlicher Ansatzpunkt in der Förderung von Ausgründungen aus wissenschaftlichen Einrichtungen liegen, um so innovativer zu werden. Aus Sicht von Dr. Leber besteht für Selbstständige in Deutschland allerdings kein Umfeld, weder für Neugründungen, da sie nicht finanziert würden, noch für Unternehmensnachfolgen, weil die Besteuerung bei einer Übertragung auf andere Partner nahezu prohibitiv sei. Das gleiche gelte für Venture Capital. Prof. Feld sieht im Finanzierungsproblem auch einen Nachteil gegenüber dem amerikanischen Kapitalmarkt, der viel “tiefer” sei und Europa habe auch den strukturellen Nachteil einer fehlenden Kapitalmarktunion. 

Digitalisierung und Genehmigungsprozesse

Bei behördlichen Vorgängen sieht Prof. Feld wesentliche Chancen im massiven Rückstand bei der Digitalisierung und der Regulierung bei den Genehmigungsprozessen. Ansatzpunkte seien hier beispielsweise die Datenschutzregelungen, das Umweltrecht, der Wohnungs- und Gewerbebau sowie das Arbeitsrecht. Insgesamt drängend wäre vor allem aber auch ein Blick auf den Sicherheitsbereich, weil hier der Informationsaustausch innerhalb Deutschlands so wichtig sei. 

Vorteile der USA

Im zweiten Block der Multimediakonferenz wechselte der Blick auf den US-amerikanischen Kontinent und die Frage, warum die Wirtschaftsleistung in den USA in den letzten Jahren so dramatisch besser war als in Europa. Lag alles an den Schulden?

Prof. Feld sah vor allem drei Punkte ausschlaggebend, wobei ein wichtiger Aspekt der Kapitalbinnenmarkt in den USA war. Zudem sei die Regulierung in den USA anders und auch die Steuerreform von Donald Trump war für ihn ein zentraler Faktor, der dafür gesorgt habe, dass in den USA stärker investiert werde. Insgesamt sah er aber auch die Gefahr, dass die hohen Staatsschulden den USA noch zum Verhängnis werden könnten. Allerdings dürften die USA unabhängig davon, ob Kamala Harris oder Donald Trump die nächste US-Präsidentschaftswahl gewinne, erst einmal in Richtung einer höheren Staatsverschuldung weiterlaufen. Für Dr. Leber stellte sich in diesem Zusammenhang nicht die Frage, ob die USA einen Preis für die hohen Staatsschulden zahlen werden, vielmehr sei die Frage welcher? „There is no such thing as a free lunch“.

China und Asien

Im dritten Block der Multimediakonferenz schwenkte der Blick weiter nach Asien. Aus Sicht von Dr. Leber haben die chinesischen Sanktionen gegen Alibaba den Kapitalmarkt dauerhaft verschreckt. Zudem leide China unter einer überalternden Bevölkerung. Diese zwei Themen seien übergreifend für das Reich der Mitte. In Summe ist er für den chinesischen Kapitalmarkt für die nächsten zwei Jahre trotzdem positiv eingestellt, den er günstiger bewertet sieht als den indischen und US-amerikanischen. Prof. Feld zeigte sich insgesamt auf mittlere Sicht für China schon besorgt, dass das Land am Ende in der Middle Income Trap verharrt und nicht herauskommt. Insgesamt glaubte er zudem, dass andere Länder Südostasiens vor dem Hintergrund der Verschärfung von US-Sanktionen gegen China noch einiges an Dynamik und Investitionen verzeichnen könnten. Japan betrachtete er als ein erstaunliches Land, weil es mit einer so hohen Staatsverschuldung so lange durchgekommen sei. Dr. Leber sah auch hier die Überalterung als großes Problem und nur Teile der Wirtschaft als gut an, diese allerdings als richtig gut.

Wie können bessere Gesetze gemacht werden?

Um die Realität eines Mini-Unternehmers in Deutschland kennenzulernen, äußerte Dr. Leber zum Ende des Webinars den Wunsch an jeden Politiker des Bundestages, dass er ein Mal vier Wochen lang eine Pommesbude geleitet haben muss inklusive aller Herausforderungen mit Steuerklärung, Gewerbeaufsicht und den Umgang mit Arbeitskräften. Aus seiner Sicht könnte das helfen, viele Gesetze anders zu gestalten. 

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