Komplexe globale Wertschöpfungsketten verlagern Produktion in Regionen mit geringen Sozial- und Umweltstandards. Die Analyse der Wertschöpfungsketten ist daher für ethisch-nachhaltige Fondsgesellschaften unabdingbar.

Globale Wertschöpfungsketten sind von enormen Machtasymmetrien gekennzeichnet. Ganz besonders in der Konstellation zwischen Unternehmen der industriell hoch entwickelten westlichen Hemisphäre und den Emerging Markets. Produktionsprozesse innerhalb dezentralisierter Wertschöpfungsketten werden häufig auf Standorte über die ganze Welt verteilt. Dabei werden die Teilprozesse dort realisiert, wo die maximalen Profite infolge signifikant niedriger Kosten erzielt werden können. Ein großer Treiber der Globalisierung war also über Jahrzehnte die Suche nach aggressiver Kostendegression.

Wertschöpfungsketten: ökologische und soziale Faktoren unter Druck

Transnationale Konzerne nutzen als Lead-Unternehmen ihre superiore Position. Dies passiert oft zu Lasten von ökologischen (E) und sozialen (S) Faktoren entlang der Lieferkette. Zugleich sind die Handelsbeziehungen zwischen diesen Lead-Unternehmen und den Produktionsstätten oder Subunternehmen von Spannungen geprägt, denn die Marktmechanismen drängen Entwicklungsländer in einen brutalen Konkurrenzkampf innerhalb arbeitsintensiver, niedrig technologischer, wenig kapitalintensiver Produktionen mit geringer Einkommensschöpfung, dessen Produktionsstandorte dadurch meist einfach austauschbar sind und schnell gegeneinander ausgespielt werden können.

Wertschöpfungspotenziale entlang der Wertschöpfungskette:
Produktion verliert im Zuge der Globalisierung an Bedeutung

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Abbildung 1: The smiling curve - Wertschöpfung in globalen Wertschöpfungsketten: Die 1970er und 2000er Jahre im Vergleich; Quelle: Interconnected Economies Benefitting from Global Value Chains (OECD 2013)

Abbildung 1 der OECD beschreibt, dass Aktivitäten wie zum Beispiel Design-Prozesse oder Marketing am Anfang oder Ende einer Wertschöpfungskette eine vergleichsweise hohe Wertschöpfung erzielen. Diese Prozesse finden tendenziell in hoch entwickelten Ländern statt, wohingegen Produktionsprozesse, die in der Mitte der Kurve dargestellt sind und die arbeitsintensive, niedrig wertschaffende und einfache technologische Produktion darstellt, tendenziell in weniger entwickelten Ländern erfüllt werden. Diese Teilprozesse sind gleichzeitig jene Prozesse mit höchsten Risiken für soziale und ökologische Missstände entlang der Wertschöpfungskette. Das Gefälle hat sich in den 2000er Jahren im Vergleich zu den 1970 Jahren verstärkt und der Trend könnte sich im Rahmen der Industrie 4.0 (die umfassende Digitalisierung der industriellen Produktion) weiter beschleunigen.

Was bedeutet Nachhaltigkeit im Kontext globaler Wertschöpfungsketten?

Hotspot-Analysen können ein Mittel sein, Umweltauswirkungen und soziale Missstände an den anfälligen Gliedern der Kette von Unternehmen und Branchen besser zu identifizieren. Abbildung 2 zeigt die ökologische Hotspot-Analyse beispielhaft für den deutschen Fahrzeugbau und bestätigt, dass die größten Auswirkungen auf die Umwelt in der Rohstoffgewinnung sowie der Vorproduktion stattfinden, es sich damit also um Prozesse handelt, die tendenziell in Ländern verortet sind, die meist schwächeren – häufig gar keinen Umweltschutzverordnungen unterliegen.

Verteilung der Umweltwirkungen entlang der Wertschöpfungskette

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Abbildung 2: Die Umweltauswirkungen des deutschen Fahrzeugbaus entlang der Wertschöpfungskette, Quelle: Systain 2017)

Um diese Umweltauswirkungen in der Unternehmensanalyse zu berücksichtigen, müssen ganzheitliche Analysen erstellt werden, die über ESG-Ratings hinausgehen. Im Fokus dieser Prüfung stehen beispielsweise Fragen wie: Welche Auswirkungen haben die als nachhaltig gekennzeichneten Geschäftsmodelle auf die Umwelt und die Menschen im Produktionsland und auf reale Lebensbedingungen vor Ort? Lässt das Land und die dortige Regierung den geforderten Transparenzstandard für diesen Stakeholder-orientierten Ansatz überhaupt zu? Letztere Frage ist essenziell, denn ein hoher Transparenzfaktor der Unternehmen stellt die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Investmentanalyse im Kontext der Erstellung wirklich nachhaltiger Portfolios dar.

Engagement für mehr Transparenz

Fondsanbieter mit Fokus auf nachhaltige Investmentprodukte nehmen heutzutage mehrheitlich ihre Analysen für die Titelselektion anhand von Geschäftsmodellen und der Einschätzung künftiger rein ökonomischer Erfolge – gemessen an traditionellen Unternehmenskennziffern – vor. Dabei finden die Geschäftspraktiken entlang der Lieferkette der Unternehmen und die Wahrnehmung von Aktionärsrechten bei der Titelselektion bis jetzt nur unzureichend Berücksichtigung. Mitunter ist auch die dafür notwendige Transparenz nicht vorhanden und muss erst noch entwickelt werden. Ein wichtiger Faktor der durch Nachdruck mit Engagement bei den Unternehmen an den relevanten Stellen entlang der Wertschöpfungskette eingefordert werden kann. Denn genau diese Analyse von komplexen globalen Wertschöpfungsketten ist für ethisch-nachhaltige Fondsgesellschaften eine zwingende Voraussetzung, um als nachhaltig geltende Portfoliounternehmen auch als solche zu validieren.

von Luisa Lange, Sustainability Management, Ethius Invest

 

Anlageprodukte:

Ethius Global Impact (DE000A2QCXY8 / DE000A2QCXZ5 / DE000A2QCX03 / DE000A2QCX11)

Die Ethius Invest Schweiz ist ein ethisch-nachhaltiger Vermögensverwalter und Initiator des Ethius Global Impact Fonds. Die Anlagephilosophie verfolgt das Prinzip eines konsequenten Nachhaltigkeitsansatzes. Der Nachhaltigkeitsanspruch stellt keine Ergänzung, sondern den Grundgedanken des Unternehmens dar.

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