Anhaltendes Wachstum bei restriktiver Geldpolitik – der Balanceakt zwischen Disinflation, Wachstum und Zinserhöhungen geht weiter. Was Johan Van Geeteruyen, CIO Fundamental Equity von DPAM, fürs zweite Halbjahr erwartet.

In den letzten Wochen haben die Erwartungen darüber, wann die Zentralbanken einen Lockerungszyklus beginnen werden, die Finanzmärkte stark beeinflusst. Aber auch der Enthusiasmus für den Ausbau der KI-Infrastruktur, unterstützt durch solide Unternehmensgewinne, hat zu einer insgesamt positiven Marktstimmung beigetragen. Dennoch bleiben Herausforderungen bestehen, sowohl geopolitisch als auch makroökonomisch.

Wir befinden uns in einem atypischen Zyklus, der einerseits durch ein anhaltendes Wirtschaftswachstum und andererseits durch restriktive Geldpolitik gekennzeichnet ist, was sowohl Bullen als auch Bären Sorgen bereitet. Der Balanceakt zwischen Disinflation, Wachstum, Zinserhöhungen und den Auswirkungen langfristiger säkularer Themen geht weiter. Die Bullen haben derzeit die Oberhand, was sich an neuen Markthochs erkennen lässt.

Die Prognosen für das Wirtschaftswachstum werden weltweit nach oben korrigiert, und es wird erwartet, dass sie stabil bleiben. 

Die Zentralbanken schieben mögliche Zinserhöhungen vor sich her. Die Umstellung auf höhere und länger anhaltende Zinssätze hat sich kaum negativ auf die Risikomärkte ausgewirkt, was zum Teil auf die Euphorie um das Thema Künstliche Intelligenz (KI) zurückzuführen ist. Die jüngsten Schwächen der makroökonomischen Daten und ihre Korrelation mit den Aktienströmen deuten darauf hin, dass viele Anleger glauben, dass eine weiche Landung den Aktienbewertungen zugute kommen wird. 

Wir empfehlen daher eine Übergewichtung von Aktien, unterstützt durch ein moderates BIP-Wachstum in den USA und eine erwartete Bodenbildung in Europa. Weltweit sind die Zentralbanken bereit, die Zinsen zu senken, mit Ausnahme von Japan. Die Ablehnung von Zinserhöhungen durch die Fed und die Zusage der EZB/BoE, die Zinsen zur Jahresmitte zu senken, haben die finanziellen Bedingungen gelockert und wirken den Zinserhöhungen der Fed entgegen. Diese positive Entwicklung hat das Interesse der Anleger an Aktien wieder geweckt, und die US-Anleger kehren an die europäischen Märkte zurück. Die Fundamentaldaten sind günstig, und Europa ist in Bezug auf die Bewertung attraktiver als die USA. Auch bei der fiskalischen Unterstützung klafft immer noch eine große Lücke zwischen den beiden Regionen, was für Europa mehr Aufwärtspotenzial als für die USA erwarten lässt, vorausgesetzt, eine Erhöhung wird effizient und sinnvoll eingesetzt. Diese Faktoren schaffen ein starkes Umfeld für Risikoanlagen in der zweiten Jahreshälfte. Wir bevorzugen Quality Growth, da dieser Anlagestil dazu neigt, in einem Szenario mit weicher Landung gut abzuschneiden. Regional bevorzugen wir Japan gegenüber Europa und Europa gegenüber den USA.

Die US-Wirtschaft bleibt widerstandsfähig, 

wobei sich die Inflation als hartnäckig erweist, bedingt durch die Pandemie und die von der Norm abweichenden geldpolitischen Veränderungen. Die Bilanzen des Privatsektors haben sich verbessert, und es hat sich eine spätzyklische Dynamik entwickelt, die bis 2024 anhalten dürfte. Die USA haben von erheblichem fiskalpolitischen Rückenwind und globalen Wechselwirkungen profitiert. Europa erholt sich, wobei die EZB den weltweiten Zinssenkungszyklus anführt. Dennoch wird das Wachstum in Europa aufgrund der anhaltenden Diskrepanz bei den Verbraucherausgaben geringer ausfallen als in den USA. Die US-Verbraucherdaten bleiben stark, wie die anhaltenden diskretionären Ausgaben zeigen, illustriert durch Unternehmen wie Deckers Outdoor, Elf Beauty und Ross Stores. Wobei Walmart im Bereich der Grundnahrungsmittel ein anderes Narrative aufzeigt. Die Verbraucher geben Geld aus, ändern aber ihre Gewohnheiten.

Vorausschauend, mit Aktienmärkten auf Rekordhöhe und einer konjunkturstützenden Finanzpolitik, wird erwartet, dass die US-Wirtschaft in den kommenden Quartalen weiter an Fahrt aufnimmt. Der US-Einkaufsmanagerindex (PMI) für den Dienstleistungssektor ist auf seinem höchsten Stand, was Zinssenkungen weiter verzögern könnte. Faktoren wie die Rallye am Aktienmarkt seit Jahresbeginn, die bevorstehenden Wahlen und die hohen Bewertungen müssen ebenfalls berücksichtigt werden. Starke Gewinne, insbesondere von Unternehmen wie Nvidia, treiben die Marktstärke an, ebenso wie das Potenzial des Trends Künstliche Intelligenz (KI), das künftige BIP-Wachstum anzukurbeln. Die 6 Billionen Dollar, die in Geldmarktfonds geparkt sind, indizieren erhebliches, beiseite geschobenes Kapital. 

Der nach Marktkapitalisierung gewichtete S&P 500 verzeichnete im laufenden Jahr eine Performance von 11 %, während der gleichgewichtete Index nur 5 % zulegte, was die Stärke der "Mag7"-Aktien zeigt. Die Marktbreite ist nach wie vor gering, wobei der Schwerpunkt auf Large Caps und KI-bezogenen Werten liegt. Der Technologiesektor ist seit langem ein Favorit bei institutionellen Anlegern, die große Positionen aufbauen und damit die Bewertungsmultiplikatoren erhöhen. Dennoch machen robuste Gewinnaussichten und starke Bilanzen den Technologiesektor zu einer überzeugenden Anlage, selbst wenn eine weiche Landung ausbleibt, da die Erträge aus dem Bereich der KI weniger von den Konjunktur- und Geldpolitikzyklen beeinflusst werden. Das Thema Energiewende, das von den fallenden Gaspreisen überschattet wurde, gewinnt wieder an Aufmerksamkeit, da eine mögliche Verknappung den Ausbau der für die KI benötigten Rechenzentren verzögern könnte. Darüber hinaus weisen Large Caps stärkere Gewinnrevisionen, beständigere Margenprofile und gesündere Bilanzen auf als US-amerikanische Small und Mid Caps. Die Bevorzugung von Momentum-Titeln wird wahrscheinlich so lange anhalten, bis sich die makroökonomischen Daten verbessern und die Wahlunsicherheiten beseitigt sind; dann könnten die Anleger ihren Fokus auf andere Titel ausweiten.

Wir bleiben gegenüber den USA aufgrund von bedenklich hohen Aktienbewertungen neutral, tendieren aber dazu, Europa überzugewichten. 

Wir vermeiden allerdings eine Untergewichtung der USA aufgrund ihrer Dynamik und ihres Status als sicherer Hafen. Zu den Faktoren, die unsere Übergewichtung in Europa stützen, zählen eine Verbesserung der Makroindikatoren, das steigende Vertrauen auf Unternehmensgewinne, eine sich erholende Tätigkeit auf Unternehmensseite, attraktive Kapitalverteilung und die unterschätzte KI-Diffusion. Gegenüber den Schwellenländern nehmen wir eine vorsichtige Haltung ein. China hat sich seit Jahresbeginn überraschenderweise besser entwickelt als die USA und Japan. Die extrem niedrige Bewertung, die wiederkehrenden ausländischen Zuflüsse, der abnehmende Marktüberhang, die attraktiven Renditen und die vielversprechenden politischen Maßnahmen der Regierung lassen auf eine Erholung der Vermögenspreise hoffen. Allerdings fällt es uns schwer, einen Katalysator für eine strukturelle Outperformance zu identifizieren, und wir sind nach wie vor beunruhigt über die anspruchsvollen Konsenserwartungen für das EPS-Wachstum, die anhaltende Immobilienkrise, die fehlende Neuausrichtung auf den Konsum, die Deflation, die das Umsatzwachstum behindert, und die potenziellen weiteren handelspolitischen Umwälzungen unter einer möglichen zweiten Trump-Regierung.

Für Europa wird in der zweiten Jahreshälfte mit einer Gewinnerholung und einer anhaltenden Neubewertung gerechnet. 

Die Unternehmen sind optimistisch, und einige rechnen mit einem stärkeren zweiten Halbjahr als dem ersten. In der Industrie ist die Stimmung aufgrund der nachlassenden Nachfrage und Preisdynamik eher neutral. Der Markt rechnet mit einer Wachstumserholung in den Jahren 2024 und 2025. Der Composite PMI ist dank des starken Dienstleistungs-PMI auf über 50 gestiegen, und der PMI für das verarbeitende Gewerbe hat sich von 45 zu Jahresbeginn auf über 47 verbessert. Dieser Wendepunkt deutet historisch gesehen auf eine bevorstehende Outperformance von Small Caps hin, die zwar anfälliger auf konjunkturellere Verbesserungen reagieren, aber seit über zwei Jahren auf einem rezessiven Bewertungsniveau stagnieren. Die Anleger haben noch nicht darauf reagiert und bevorzugen Large Caps, bis sich die wirtschaftliche Stabilität verbessert. Die straffere Geldpolitik hat sich zudem auch auf Small Caps ausgewirkt. Wir halten es für die beste Strategie, Positionen allmählich aufzubauen, da mehrere Katalysatoren, darunter Zinssenkungen der EZB, sich verbessernde makroökonomische Bedingungen und eine niedrige Bewertung, auf einen bevorstehenden Wechsel hindeuten. Die jüngste Verbesserung der Kapitalströme mit der Rückkehr der US-Anleger könnte ebenfalls ein starker Katalysator sein.

Anlageprodukte:

DPAM B Equities World Sustainable (BE6246068447 / BE0058651630)

Als Teil der Indosuez-Gruppe bietet DPAM aktive, nachhaltige Asset-Management-Dienstleistungen, die auf internem Research basieren. Die auf Überzeugungen gestützten Anlageentscheidungsprozesse von DPAM integrieren fundamentale Finanz- und ESG-Analysen. Fortschritt schafft Chancen - DPAM strebt eine langfristige Outperformance und ein Wachstum an, das sowohl den Anlegern als auch der Gesellschaft zugutekommt. Mit einem engagierten Team von mehr als 190 hochqualifizierten Fachleuten verwaltet DPAM Publikumsfonds sowie diskretionäre Mandate im Auftrag institutioneller und professioneller Kunden, Finanzintermediäre und Vertriebsgesellschaften mit einem Gesamtvolumen von 47,1 Milliarden Euro (Stand: Dezember 2023).

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