Der ehemalige Wirtschaftsweise Prof. Lars P. Feld (Universität Freiburg/ Walter Eucken Institut) schreibt in seinem aktuellen monatlichen Bericht zur Lage der Wirtschaft für die ACATIS Investment über die Unordnung in der Welt und was zu tun ist.

Der Westen scheint angeschlagen. Die französische Regierung unter Premierminister Barnier wurde gerade durch die extremen Parteien der Rechten und der Linken in der Nationalversammlung gestürzt. Nach dem vorzeitigen Ende der Ampelkoalition finden in Deutschland am 23. Februar 2025 vorgezogene Bundestagswahlen statt. Belgien steht derzeit ohne Regierung da, die Regierungsbildung bleibt schwierig. Die Niederlande haben zwar eine Regierung; diese ist aber aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Parlament und angesichts der Querschüsse von Geert Wilders fragil. In Österreich versucht Bundeskanzler Nehammer von der ÖVP, die als eindeutiger Verlierer aus den Nationalratswahlen im September hervorging, eine Koalition mit der SPÖ und den Neos gegen den Wahlsieger FPÖ zu schmieden. In Rumänien wurde der erste Wahlgang der Präsidentschaftswahl aufgrund eines hybriden russischen Angriffs annulliert; der russlandfreundliche Präsidentschaftskandidat lag vorne. Südkorea erlebt ebenfalls turbulente Zeiten, nachdem Präsident Yoon für wenige Stunden den Kriegszustand ausrief. Eine der stabilsten Regierungen in der EU stellt Italien.

Die Verhältnisse in den Vereinigten Staaten scheinen ebenfalls stabil. Selten hat ein Präsident einen solchen Erdrutschsieg erzielt wie Donald Trump; selten verfügte ein Präsident über so deutliche Mehrheiten im Kongress und sah die Mehrheit der Richter im Supreme Court auf seiner Seite. Allerdings bieten die USA mit Donald Trump nicht die gewohnte Stabilität, wenn er die Partnerländer in Europa mit einem Austritt aus der NATO bedroht, sofern sie nicht ihren finanziellen Verpflichtungen nachkommen. Zudem kündigt er hohe Zölle an, zunächst gegen China, Kanada und Mexiko; die Zolldrohung gegen die Europäer dürfte in Kürze folgen. 

Dabei ist es vor allem die chinesisch-russische Achse mit dem Iran und Nordkorea als Verbündeten, welche die genannten Instabilitäten befördern und jedenfalls davon profitieren. Die Ukraine schafft es derzeit aufgrund unzureichender Unterstützung durch den Westen nur mit Mühe, den Vormarsch Russlands aufzuhalten. Ein Lichtblick ist allenfalls die Schwächung des Iran angesichts des Krieges Israels gegen die Hamas im Gaza-Streifen, die Hisbollah im Libanon und die gezielten Luftschläge gegen iranische militärische Einrichtungen in Syrien und im Iran selbst. Der Überraschungssieg islamistischer Kräfte in Syrien gegen das Assad-Regime schwächt den Iran ebenfalls, so wenig wie seine Auswirkungen ansonsten abschätzbar sind. 

Aber nicht nur die Destabilisierung durch Russland und China, sondern viele hausgemachte Probleme verursachen die politischen Instabilitäten im demokratischen Westen. Die französische Regierung ist nach nur kurzer Zeit geplatzt, weil ihr Vorschlag für einen Haushalt für das Jahr 2025 scheiterte. Frankreich hat Mühe, sein Ausgabengebaren aus der Corona-Zeit in die Normalität zu überführen. Die deutsche Ampelregierung ist ebenfalls an einem Haushaltsstreit zerbrochen. Ein Haushaltsstreit bot den Anlass für die Verhängung des Kriegsrechts in Südkorea. Und die viel zu expansive Fiskalpolitik der Regierung Biden befeuerte die Inflation, die zum Wahlsieg Donald Trumps erheblich beitrug. 

In fiskalpolitischer Hinsicht ist keine Besserung in Sicht. Donald Trump hat ein stark angebotspolitisches Programm angekündigt. Die Körperschaftsteuer soll auf 15 Prozent sinken, und die ursprünglich als temporär gedachten Einkommensteuersenkungen sollen dauerhaft fortgeführt werden. Es ist zu erwarten, dass dies die bereits hohe amerikanische Staatsverschuldung weiter in die Höhe treibt – trotz einer avisierten Beendigung des Inflation Reduction Act und der Erhöhung von Zöllen. Letztlich bewegen sich die USA auf ein erhebliches Zwillingsdefizit zu. 

Frankreich und Italien haben größte Mühe, die haushaltspolitischen Vorgaben der neuen EU-Fiskalregeln einzuhalten. Ähnliches gilt allerdings für andere Staaten und nicht zuletzt für Deutschland. Vor diesem Hintergrund muten die Empfehlungen der Europäischen Kommission und internationaler Organisationen, die Schuldenbremse zu lockern, geradezu anachronistisch an.

Was ist zu tun? Die Europäer müssen endlich ihren Verpflichtungen in der Verteidigungspolitik nachkommen und verteidigungsfähig werden. Dass die USA seit Obama Druck vor allem auf Deutschland ausüben, muss als Hilferuf verstanden werden; denn die wirtschaftliche und militärische Kraft der USA reichen nicht mehr aus, um die Rolle als Weltpolizist effektiv wahrzunehmen. Dies könnte den Weg für einen Deal mit den USA ebnen, der Zölle zu vermeiden oder zumindest erträglicher zu gestalten hilft. Angesichts der in fast allen Ländern bestehenden Haushaltsprobleme müssen höhere Verteidigungsausgaben jedoch durch Umschichtungen in den Haushalten statt durch höhere Schulden finanziert werden. Dies wird ein politischer Kraftakt.

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