Wer heute wegen hoher Renditen in fossile Energien investiert, könnte langfristig das Nachsehen haben. Denn der Umstieg auf erneuerbare Energien ist politisch beschlossene Sache – und soll sich in den nächsten sieben Jahren noch beschleunigen.

Sind ESG-Investments ein vergänglicher Hype gewesen und jetzt schon wieder Vergangenheit? Die Jahre, in denen nachhaltige Investments und insbesondere Investments in den Ausbau regenerativer Energien neben einem guten Gewissen auch gute Renditen versprachen, schienen in den Augen mancher Anlegerinnen und Anlegern vorbei zu sein.

Blicken wir auf Europa: Noch von Juli bis Oktober 2023 zogen europäische Anlegerinnen und Anleger mehr als eine Milliarde Euro aus Aktienfonds mit dem Fokus auf alternative Energiequellen ab.1 Zur gleichen Zeit flossen knapp 1,5 Milliarden Euro in Fonds aus dem Öl- und Gas-Segment. Dort wurden von vielen Investierenden höhere Renditen erwartet. Nachdem viele Ölkonzerne im Jahr 2022 Rekordergebnisse erzielten (eine Folge von Nachfrageerholung nach Corona und gestiegener Preise durch den Krieg in der Ukraine, den Sanktionen und ihrer Auswirkungen), verfügten sie über reichlich Barreserven, um mit großzügigen Dividenden zu locken.2

Die Gewinne von Big Oil sind beachtlich – und auch die Fördermengen. Die Großen der Branche, ExxonMobil und Chevron, haben bereits 2022 durch gestiegenen Ölpreise Rekordgewinne gemacht. Für Exxon beliefen sie sich auf 56 Milliarden US-Dollar, für Chevron auf 35,5 Milliarden Dollar. 2023 hat zudem nach Angaben der US-Energiebehörde EIA die Ölförderung allein in den USA einen Rekord erreicht – mit durchschnittlich 12,9 Millionen Barrel pro Tag.3

Rohölpreise von 2012 bis 2022: Anstieg ab 2020 ließ Gewinne sprudeln (Grafik auch zum Download verfügbar)

Grafik zeigt die Entwicklung der Erdölfördermenge mit Höhepunkt 2018, dann einem Einbruch 2020 und einem nachfolgenden Wiederanstieg. Der Preisanstieg erreichte 2021 einen Höhepunkt, seitdem steigen die Preise langsamer.

Angaben in %. Ölpreise verschiedener Sorten, Veränderung zum Vorjahr. Globale Ölfördermenge, indiziert: 2012 = 100 (rechte Skala). Quelle: Statista, BP, MWV, Stand Januar 2024

Die Gewinnentwicklung der Unternehmen und die Umschichtung auf Investorenseite schlagen sich im Kursverlauf der Aktien von Energieunternehmen nieder, zumal auch Großbanken wie J.P. Morgan und Citigroup nach wie vor das Wachstum der fossilen Brennstoffindustrie mit Investitionen in Billionenhöhe finanzieren.4

Verlockung des Geldes: Kurzfristig hat der fossile Sektor die Nase vorn (Grafik auch zum Download verfügbar)

Grafik zeigt die Entwicklung des MSCI World Energy Index im Vergleich zum MSCI Global Alternative Energy Index. Während der globale Energieindex seit der Corona-Krise um mehr als 132 % zulegte, reichte es beim alternativen nur für knapp 10%.

Darstellung zur Illustration. Darstellung zeigt Indexverlauf, keine Investments. Ergebnisse der Vergangenheit sind keine Gewähr für künftige Performance.

Quelle: Refinitiv/Datastream. Zeitraum: 30.06.2020 bis 20.02.2024. Darstellung: FFB.

Auch Nachhaltigkeitsanleihen im Rückwärtsgang

Auch am Anleihemarkt scheint Nachhaltigkeit an Bedeutung zu verlieren. Green Bonds sollen gerade bei der Finanzierung regenerativer Energiegewinnung und erforderlicher Infrastrukturanpassungen helfen. Es handelt sich dabei also um zweckgebundene Anleihen, mit denen ausschließlich Unternehmen und Projekte unterstützt werden, die einen Beitrag zum Umwelt-, Natur- oder Klimaschutz leisten. Ihre Neuemissionen blieben 2023 in Europa weit hinter den Erwartungen zurück.5

Emission grüner Anleihen weltweit nach Jahren (Grafik auch zum Download verfügbar)

Der Wert kalenderjährlich emittierter Green Bonds stieg von 2016 (mit rd. 100 Mrd. USD) bis 2021 auf rund 700 Mrd. USD an. 2022 und 2023 sank der Wert der jährlichen Neuemissionen auf dann unter 600 Mrd. USD.

Quelle: Europäische Kommission, Europäisches Parlament, Green Bond Initiative, 2023

Langfristige Kapitalanlage und Nachhaltigkeit gehören zusammen

Doch Ihre Kundinnen und Kunden tun gut daran, die Entwicklung in einen größeren Kontext zu stellen und nicht allein auf kurzfristige Renditen zu schielen. Jahrelang war das Thema ESG – also ein Fokus auf ökologische und soziale Nachhaltigkeit sowie verantwortungsvolle Unternehmensführung – am Kapitalmarkt eines der treibenden Themen. Als Argument für einen solchen Ansatz galt jedoch nie allein die Höhe der erwartbaren Renditen. Es ging immer auch um Risikomanagement – also darum, Investitionen in Unternehmen, Branchen und Geschäftsmodelle zu vermeiden, die in der grünen Wirtschaftswelt von morgen keinen Platz mehr haben dürften. Den Blick auf diese von der Politik gerade in Europa aber auch weltweit forcierte Transformation unseres Wirtschaftens sollten sich Anlegende nicht durch kurzfristigen Gewinnmeldungen von Unternehmen mit Schwerpunkt in fossilen Geschäftsbereichen trüben lassen. Im Jahr 2024 weniger denn je.

Denn im Dezember 2023 trafen sich erneut Vertreterinnen und Vertreter aus mehr als 100 Staaten in Dubai, um weichenstellende Entscheidungen zur Zukunft des Weltklimas zu treffen. Die Ergebnisse der UN-Klimakonferenz veröffentlichten sie nach 13 Tagen intensiver Diplomatie in einer Abschlusserklärung: Geplant ist demnach unter anderem eine Verdreifachung der weltweiten Kapazitäten an erneuerbaren Energien in den nur sieben Jahren bis 2030 bei gleichzeitiger Verdopplung der Energieeffizienz. 

Umweltorganisationen mahnen zwar an, dass es jetzt konkreter Schritte bedürfe, diese vereinbarten Ziele zu realisieren. Doch auch unter ihnen sind Stimmen vernehmbar, die von einer „historischen Entscheidung“ sprechen. „Mit einem historischen Abkommen zu fossilen Energieträgern ist die COP28 in Dubai zu Ende gegangen: Erstmals in der Geschichte der Klimakonferenzen haben sich die Vertragsstaaten auf die globale Abkehr von fossilen Energien geeinigt,“6 schreibt beispielsweise der WWF. Politisch ist der Abschied von fossilen Rohstoffen damit beschlossene Sache, und es wurden die Weichen für eine klimafreundlichere Zukunft gestellt.

Fazit: Umsicht kann vor „Stranded Assets“ schützen

Anlegerinnen und Anleger tätigen immer auch eine Investition in die Zukunft. Und da gehören Nachhaltigkeitsaspekte ins Bild. Der fossile Sektor mag dagegen zurzeit mit außergewöhnlichen Renditen im Hier und Jetzt locken. Doch vor dem Hintergrund der politisch vorangetriebenen Energiewende sollten sich Investorinnen und Investoren nicht blind von der Aussicht auf hohe kurzfristige Renditen verlocken lassen. Ein Engagement in diesem Sektor will langfristig genau überlegt sein. Sonst besteht das Risiko, auf „Stranded Assets“ im Depot sitzenzubleiben. Dabei handelt es sich um „gestrandete Vermögenswerte“, die rapide an Wert verlieren, weil sie sich an den Rahmenbedingungen vorbei entwickeln. Dazu können auch Branchen außerhalb des Energiesektors gehören – beispielsweise Banken, die nach wie vor massiv ins Wachstum der fossilen Brennstoffindustrie investieren.

Die Entscheidung, welche Unternehmenswerte vom unvermeidlichen Wandel hart getroffen werden und welche Unternehmen vielleicht selbst erfolgreich und rechtzeitig eine Transformation von fossilen zu erneuerbaren Energien als Ertragsbringer durchlaufen, ist für Laien nur schwer zu treffen. Das Management aktiv gemanagter Fonds hat zumindest die Möglichkeit, die Anlagerisiken aus dem Wandel von der fossilen zu einer erneuerbaren Energiewelt bewusst zu managen.

Wer den Risikomanagement-Aspekt von nachhaltigen Fondsinvestments im Anlageportfolio nutzen möchte, sollte auf drei Punkte bei der Fondsauswahl besonders Wert legen:

  1. Klare Kriterien: Welche Entscheidungsgrößen legt das Fondsmanagement bei seinem ESG-Investment zugrunde.
  2. Fundamentales Research: Nur Fondsmanager- und Analystenteams, die sich ein klares Bild vom Geschäftsmodell jedes einzelnen Unternehmens und dessen Abhängigkeit von Risiken im Zuge der Nachhaltigkeits-Transformation machen, können diese Risiken im Portfolio wirksam managen.
  3. Eindeutiges Engagement: Auch das Einwirken auf das Management von Unternehmen kann entscheidend für dessen zukunftsfähige Ausrichtung und damit eine Risikobegrenzung sein.

Quellen:


1 Quelle: Morningstar, nach  https://www.handelsblatt.com/politik/international/mehr-oel-und-gas-geldgeber-wenden-sich-von-erneuerbaren-energien-ab/100001627.html
2 https://www.tagesschau.de/wirtschaft/energie/energiekonzerne-fossile-energie-oel-gas-100.html
3 Zeit.de, 4.12.2023; Nennung von Unternehmen erfolgt beispielhaft. Es geht damit weder eine Empfehlung zum Kauf noch zum Verkauf von Wertpapieren einher.
4 https://www.theguardian.com/us-news/2023/sep/04/banks-pour-trillions-fossil-fuel-expansion-global-south-report-says
5  https://www.boersen-zeitung.de/english/esg-bond-market-is-losing-steam
6 WWF.de, Stand: 13.12.2023, Abruf 20.02.2024

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