Wer eine Überhitzung der großen Aktienmärkte fürchtet, kann abseits der zu Recht oder Unrecht gehypten Titel und Märkte nach Investmentchancen suchen. Die Bewertungen in Schwellenländern und bei Nebenwerten sind jedenfalls günstiger.

Deutschland reibt sich verwundert die Augen: Die Wirtschaft schwächelt, Stimmung und Aussichten sind trübe wie ein verregneter Februar und der DAX schießt dennoch in immer neue Höhen. Gerade Kundinnen und Kunden, die neues Kapital anlegen möchten, stellen sich immer häufiger die Frage, ob ein Einstieg bei diesem Kursniveau noch sinnvoll ist.

Und das ist nicht allein ein deutsches Phänomen – wenn man einmal von den sehr deutlich wahrgenommenen konjunkturellen Problemen absieht. Getrieben von den US-Märkten und insbesondere dem Technologiesektor melden auch US- und globale Aktienindizes immer neue Höchststände.


Globale Aktien: Rallye und kein Ende? (Grafik auch zum Download verfügbar)

Wertentwicklung von MSCI World (+60,93%) und DAX (+52,28%) über 5 Jahre. Im Jahr 2022 starker Kursrückgang fast zum Ausgangswert, dann rasante Erholung.

5-Jahre Aktien global und DAX-Titel. Zur Illustration, in Indizes kann nicht unmittelbar investiert werden.
Quelle: Refinitiv Datastream, Stand: 04. März 2024

Wie deutlich die Marktentwicklung global von wenigen US-Technologiewerten abhängt, kann auch ein Vergleich der US-Technologiebörse, an der die Tech-Riesen von Alphabet, Microsoft etc. gelistet sind, deutlich anzeigen. Seit Beginn 2023 haben die im Nasdaq 100-Index zusammengefassten Titel in gut einem Jahr mehr als 65% an Wertzuwachs erzielt.1

US-Technologie-Titel: Steile Wertentwicklung seit 2023 (Grafik auch zum Download verfügbar)

Grafik zeigt Entwicklung des MSCI World Index (+29,34%) und des Nasdaq 100-Index (+65,81%) seit Jahresbeginn 2023.

Zur Illustration, in Indizes kann nicht unmittelbar investiert werden.
Quelle: Refinitiv Datastream, Stand: 04. März 2024

Angesichts dieser rasanten Entwicklung haben auch die Bewertungen gerade von den Titeln, die aktuell die Börsen treiben, Niveaus erreicht, die mit Kurs-Gewinn-Verhältnissen (KGVs) von über 40 bis über 602 traditionell als deutlich überbewertet gegolten hätten. Und obwohl bei einigen der Unternehmen auch Margen und Gewinne ein wirklich enormes Wachstum aufweisen, kommen immer mehr Zweifel auf. Anlegerinnen und Anleger sehen jedenfalls in den erreichten Kursniveaus immer weniger eine Einladung zum Einstieg.

Einsteigen in Aktien: größere Kurspotenziale jenseits des Mainstreams?
 
Was also tun, gerade wenn frisches Geld langfristig in Aktien investiert werden soll? Wenn auch der Boom der aktuell durch KI getriebenen Tech-Titel durchaus auch noch etwas länger laufen könnte, kann es sich inzwischen lohnen, nach Märkten und Unternehmen mit Bewertungs- bzw. Aufholpotenzialen Ausschau zu halten. Einen ersten Hinweis kann hier ein Blick auf die jüngere Kursentwicklung liefern: So fiel die jüngste Erholungsrallye nach 2022 zum Beispiel an Aktien aus manchen Schwellenländern aber auch Nebenwerten (Small & Mid Caps) 2022 deutlich schwächer aus und auch aus 5-Jahres-Sicht liegen sie zurück. Wie steht es um diese Aktienmärkte? 

Schwellenländer und Nebenwerte: Zeigt der Rückstand ein Potenzial? (Grafik auch zum Download verfügbar)

Grafik zeigt, dass der MSCI Emerging Markets-Index (+7,73%) und auch der MSCI World Small Cap Index (+35,92%) über 5 Jahre deutlich hinter dem MSCI World Index (+60,93%) zurückbleiben.

Zur Illustration, in Indizes kann nicht unmittelbar investiert werden.
Quelle: Refinitiv Datastream, Stand: 04. März 2024

Emerging Markets, Frontiermarkets: Wirksame Treiber – aber auch Risiken

Die Treiber, die viele Schwellenländer in die Waagschale werfen können, sind schnell aufgezählt: Das Wachstum des BIP wird nach Schätzungen der OECD auch künftig deutlich über dem von Europa und auch der USA liegen.3 

Der Hintergrund dafür liegt langfristig und verlässlich in der demographischen Struktur in vielen Schwellen- und Frontiermärkten. Während gerade in Europa (aber auch wegen der zurückliegenden Ein-Kind-Politik in China) eine alternde Gesellschaft an der Produktivität zehrt, steht in Ländern wie etwa Indien oder Indonesien die Bevölkerungsentwicklung unter umgekehrten Vorzeichen. 

Immer mehr junge Menschen treten ins Erwerbsleben ein, steigern die Produktivkraft, beflügeln Einkommen und Konsum. Die Chancen für größeres Wirtschaftswachstum im globalen Maßstab liegen dabei außerhalb Chinas – beispielweise auch in Frontiermärkten wie Vietnam, in denen Demographie und ein bemerkenswertes Bildungsniveau zusammenspielen.

Demographie: Entwicklung der arbeitenden Bevölkerung ist entscheidend (Grafik auch zum Download verfügbar)

Indien und mehr noch Indonesien überholen Deutschland, was den Bevölkerungsanteil im Erwerbsalter angeht seit Beginn des Jahrtausends. Bei diesen geht der Trend nach oben, für Deutschland nach unten.

Arbeitende Bevölkerung 1950 – 2022. Die „arbeitende Bevölkerung“ ist definiert als der Anteil der Menschen zwischen 15 und 64 Jahren an der Gesamtbevölkerung.
Quelle: OECD (2024), Working age population (indicator). doi: 10.1787/d339918b-en (accessed on 04 March 2024).

Ein weiterer Hintergrund, der auch auf ein Aufholpotenzial deutet: Nach Daten des Internationalen Währungsfonds (IMF) werden fast 60% der globalen Wirtschaftsleistung in Schwellen- und Entwicklungsländern erbracht.4 Ihr Anteil am Wert der globalen Aktienmärkte kommt aber seit Jahren kaum über 10% hinaus.5 Eine Diskrepanz, die sich nicht restlos aus der Tatsache einer geringeren Durchdringung mit Aktienunternehmen erklären lässt oder dem Umstand, dass zum Teil internationale Konzerne (mit Sitz und Aktienmarktnotierung außerhalb der Schwellenländer) zur Wertschöpfung in den Ländern beitragen.

Zusätzlichen Rückenwind könnten Emerging Market Aktien aktuell erhalten, wenn die erwarteten Zinssenkungen in Europa und den USA den jeweiligen Zentralbanken in den Schwellenländern die Möglichkeit zur Ausweitung der Zinssenkungen erlauben, die in vielen dieser Märkte bereits begonnen haben. Mit sinkenden Finanzierungskosten entstehen für Unternehmen dann wieder mehr Freiräume zur Wachstumsfinanzierung.

Bei allen Potenzialen, die in Schwellen- und den nachrückenden Ländern der Frontiermärkte stecken, sollten natürlich auch die mit einem Investment verbundenen Risiken beachtet werden. So sind nicht alle Schwellenmärkte im Schnitt gemessen an den Gewinnaussichten der Unternehmen wirklich günstig bewertet. Indien beispielsweise stand in der jüngeren Vergangenheit schon sehr im Fokus von Anlegerinnen und Anlegern. Hier dürften Bewertungen auch zum Teil Anlass zur Sorge von Rückschlägen bieten. Zudem können insbesondere politische Risiken und Unsicherheiten durchschlagen.

Kleine und mittlere Unternehmen (KMU): historisch günstig

Auch Nebenwerte (die Aktien vom Unternehmen mit kleiner und mittlerer Marktkapitalisierung) sind zwar bei den Kursrückgängen 2022 mit abgestraft worden, in der jüngsten Kurserholungsrallye aber deutlich zurückgeblieben. Das führt zu einer im historischen Vergleich bemerkenswerten Bewertungssituation: Während Nebenwerte über 20 Jahre immer höher bewertet waren als die großen Standardwerte, hat sich dieses Verhältnis nun umgekehrt. Dabei sind Analysten immer davon ausgegangen, dass ein Bewertungsaufschlag für Small & Mid Caps (Nebenwerte) gerechtfertigt sei: Denn ihnen werden größere Wachstumspotenziale zugetraut als den ohnehin schon großen Unternehmen und auch kursbeflügelnde Ereignisse wie M&As sind häufiger. Folgt man dieser Logik, müssten heute große Bewertungsreserven in Nebenwerten stecken, die sich Anlegende zunutze machen können.

„Nebenwerte“ klingt womöglich etwas abwertend. Doch ein paar Zahlen können verdeutlichen, dass sie sich ihren Platz im Portfolio verdienen. Zum Beispiel sind in Deutschland allein über die Hälfte aller Menschen bei KMUs beschäftigt. Zusammen machen sie rund 30 % des Umsatzes von Unternehmen in Deutschland aus.6 Gemessen daran dürften Nebenwerte in den Portfolios vieler Anlegerinnen und Anleger noch deutlich unterrepräsentiert sein.

Beispiel Deutschland: Anteil Beschäftigte nach Unternehmensgröße (Grafik auch zum Download verfügbar)

56% der Beschäftigten sind in Deutschland in kleineren und mittleren Unternehmen (KMUs) angestellt. 44% in Großunternehmen.

Anteil der Beschäftigten in Unternehmen in Deutschland nach Unternehmensgröße im Jahr 2021 (in %).
Quellen: Statista (Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in Deutschland, 2024), Statistisches Bundesamt

Kleine und mittlere Unternehmen zeichnen sich oft durch solide Geschäftsmodelle aus – nicht profitable Teile können im Gegensatz zu Großkonzernen nicht „mitgeschleppt“ werden. Häufig finden sich auch „globale Marktführer in der Nische“, die mit ihrem hochspezialisierten Angebot punkten können. Wenn die Voraussetzungen stimmen, Anpassungen an Nachfrage- und Marktentwicklungen nicht versäumt werden und keine irreparablen Managementfehler auftreten, sind die Chancen gut, dass heute unterbewertete Aktien zu ihrem wahren Wert aufschließen.

Fazit: Was kann man tun? 

Allein auf ein Fortbestehen des Booms großer US-Tech-Titel zu wetten, könnte sich als zu verwegen erweisen. Besser ist immer, auf Diversifikation zu setzen – gerade bei Neuinvestments. Auf der Suche nach Titeln mit Bewertungsreserven können Ihre Kundinnen und Kunden zum Beispiel in Schwellen- und Frontiermärkten fündig werden oder auch bei Nebenwerten (und hier selbst in Europa). Weil Risiken bestehen und Licht und Schatten nahe beieinander liegen, kann sich eine aktive Titelauswahl durch ein erfahrenes Fondsmanagementteam empfehlen.

Wer wegen der aktuellen Einstiegsniveaus mit einer langfristigen Anlageentscheidung zögert, kann Einstiegrisiken durch beispielsweise überhöhte Kurse immer durch ein sukzessives Investieren vermindern. Die FFB bietet hier ein Sparpläne und auch Splitsparpläne, mit denen sich gleichzeitig in mehrere Fonds investieren lässt. Interessanter noch können Sparpläne angelegt werden, wenn das Kundendepot im Rahmen des FFB Modellportfolio Tools betreut wird. Dann nämlich lassen sich Einzahlpläne so realisieren, dass mit jeder Einzahlung ein Stück weit Re-Balancing und damit ein Beitrag zur Wiederherstellung der mit Kundinnen und Kunden vereinbarten Portfoliostruktur geleistet wird.


Quellen:
1 Refinitiv Datastream, Stand: 04. März 2024
2 Beispiele zur Illustration ohne Empfehung zum Kauf oder Verkauf einzelner Wertpapiere: Microsoft (KGV: 42,5) , Nvidia (67,95), Quelle: tagesschau.de, 1.3.24
3 Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in Industrie- und Schwellenländern bis 2025, OECD, IMF, Eurostat; Statistisches Bundesamt. Quelle: Statista/CESifo GmbH, September 2023
4 Statista, imf.org, April 2023
5 E-fundresearch.com, „Schwellenländer überzeugen mit attraktiven Geschäftsmodellen und günstigen Bewertungen“, 1.03.2024
6 Anteil des Umsatzes von Unternehmen in Deutschland nach Unternehmensgröße im Jahr 2021 (in %). Quellen: Statista (Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in Deutschland, 2024), Statistisches Bundesamt
 

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