Öl- und Energiepreise waren der erste Auslöser der bis heute hartnäckig hohen Inflationsraten. Nach ersten Monaten leicht rückläufiger Inflationsraten, zogen sie zuletzt wieder um mehr als 20 % an. Auf was müssen sich Anlegende einstellen?

Die Entwicklung sorgte in diesem Jahr an den Anlagemärkten auf Aktien- und Anleiheseite bisher für Entspannung. Nach 2022, das für viele Portfolios mit einer negativen Bilanz zu Buche schlug, eine willkommene Erholung. Doch nun meldet sich in den letzten drei Monaten der Ölpreis mit einer Steigerung von mehr als 20% zurück.1 Was könnte das für Portfolios bedeuten? Auf was müssen Sie sie vorbereiten?

Öl als Inflationstreiber

Die Öl- und Energiepreise nach dem Einmarsch von Russland in die Ukraine waren einer der Hauptkostentreiber und Auslöser der derzeitigen Inflation. Wenn auch die EZB Energie und Lebensmittel wegen ihrer Volatilität aus der offiziellen Kerninflation ausklammert, so finden langfristig hohe Energiekosten über Zweitrundeneffekte doch ihren Niederschlag in der dann wesentlich hartnäckigeren Kerninflation. Denn wenn Industrieprodukte durch die höheren Energiekosten der Hersteller teurer werden, steigen die Preise auch in anderen Bereichen. Die Lohn-Preisspirale zieht an. Und dann sind die Zentralbanken gefordert, es besteht erhöhter Druck, die Leitzinsen zu erhöhen.

Das kann man sehr schön beobachten, wenn man Ölpreis, Inflation und Leitzinsen im Zeitverlauf beobachtet. Betrachtet man die Entwicklungen in der zeitlichen Abfolge liefen die gestiegenen Ölpreise der Inflation und der Zinsreaktion der Zentralbank nur um wenige Monate voraus.

Ölpreis, Inflation, Leitzins: eine Kettenreaktion? (Grafik auch zum Download verfügbar)

Gezeigt wird der Anstieg des Ölpreises mit Spitzen von über 120 USD/Barrel im Winter und Frühjahr 2022. Die Inflationsrate in Deutschland steigt zunächst mit dem Ölpreis, dann bis Herbst 2022 weiter an. Leitzinserhöhungen folgen beginnend mit Juni 2022.

Quellen: Crude Oil-WTI (USD), Refinitiv/Datastream, Statistisches Bundesamt, Deutsche Bundesbank, Stand 31.08.2023. Darstellung FFB zu illustrativen Zwecken. Entwicklungen der Vergangenheit erlauben keine Prognosen für künftige Entwicklungen.

Anziehende Ölpreise – ein Alarmsignal?

Nach gut einem Jahr der Entspannung am Ölmarkt, werden nun seit drei Monaten wieder ansteigende Ölpreise beobachtet – mehr als 20% in dem kurzen Zeitraum (siehe Grafik).

Preisentwicklung der letzten drei Monate: eine Ölpreiswende? (Grafik auch zum Download verfügbar)

Gezeigt wird der Anstieg des Ölpreises von Ende Mai 2023 bis Ende August 2023 um mehr als 20 %. Die Darstellung ist auf 100 indiziert.

Quelle: Crude Oil-WTI (USD), Refinitiv/Datastream, Stand 31.08.2023

Experten sehen das als möglichen Anfang einer neuen, hartnäckigeren Ölpreisrally. Ganz aktuell standen die Produktionsdrosselungen von Russland und Saudi-Arabien als größtem Fördermitglied der OPEC im Zentrum des Interesses.2 Die OPEC steht für 40 % des Weltölmarktes. Die Drosselungen wurden nun bis Jahresende verlängert, nachdem zuvor immer nur von Monat zu Monat vorausgeplant wurde.

Auch Lagerbestände an Öl sind niedrig. Die Rohölbestände in den USA fielen im August auf den niedrigsten Stand seit Dezember 2022. Die – wenn auch stockende – Erholung Chinas lässt auch dort den Energiehunger gegenüber der Corona-Lockdown-Phase wieder wachsen.3 Und die aufgrund sinkender Nachfrage und absehbaren Bestrebungen zur CO2-Reduktion über Jahre drastisch zurückgegangenen Investitionen in die Erschließung weiterer Fördermöglichkeiten lassen sich nicht ohne weitere schnell wieder hochfahren.4 All das könnte dafür sprechen, dass wir eine Trendumkehr bei den Ölpreisen gesehen haben. Was wären die Auswirkungen?

Inflation – hartnäckiger als gedacht?

Die Inflationsraten sanken zuletzt langsamer als von manchen – insbesondere in den Zentralbanken – erwartet und von vielen erhofft. Ein erneuter Anstieg der Ölpreise, der den Aufwärtsdruck auf die Inflation wieder erhöht, könnte die Zentralbanken zu weiteren Zinsanhebungen zwingen. Am 14. September haben sich bei der EZB-Ratssitzung jedenfalls die „Falken" trotz rückläufiger Konjunkturprognosen durchgesetzt. Der Leitzins in der Eurozone wurde um weitere 0,25 Prozentpunkte erhöht.5 Und das, obwohl die Zentralbanken der westlichen Welt gerade auf einen etwas gemäßigteren Zinskurs zugunsten der schwächelnden Wirtschaft einschwenken wollten und ihre Möglichkeiten, exogenen Inflationstreibern wie Energiepreisen entgegenzuwirken, ohnehin beschränkt sind.

Doch was würden weitere, vielleicht sogar deutliche Zinsanhebungen oder ein zumindest deutlich geringeres Zinssenkungstempo als erwartet für die Kapitalmärkte und Ihre Kundinnen und Kunden bedeuten?

Kapitalmärkte: 2022 reloaded?

2022 war für viele ein „verlorenes Jahr“. Die beiden großen Anlageklassen schwächelten. Aktien verloren an Wert (MSCI World) und auch die Kurse von Anleihen gaben nach. Letztlich wurde beides durch denselben Grund ausgelöst bzw. unterstützt: die Zinserhöhungen der Zentralbanken. Durch das gestiegene Zinsniveau wurden die Refinanzierungsbedingungen für Unternehmen schlechter, die Kapitalkosten stiegen und verminderten die Gewinne. Anleihekurse gerieten unter Druck, weil neu begebene Anleihen durch höhere Kupons attraktiver wurden.

Wer die Kapitalmärkte für Aktien und Renten 2022 und 2023 bis Ende August vergleicht, kann sehen, dass die Märkte eigentlich mit einem Ende des Zinsanstiegs „rechnen“. 2023 war bislang – bei Aktien wie auch Anleihen – von einer deutlichen Erholung gekennzeichnet. 

Jährliche Perfomance Aktien global (in %) (Grafik auch zum Download verfügbar)

Gezeigt wird die Kalenderjährliche Performance des MSCI World in Euro. 2020 lag sie bei X%, 2021 bei X%, 2022 bei X%. Für 2023 lag sie bis zum Stand der Grafik (31.8.23) bei X%.

MSCI World (EUR). Quelle: Refinitiv, Stand 31.08.2023. Performance der Vergangenheit erlaubt keine Prognose für die Zukunft. Darstellung zur Illustration

Jährliche Perfomance Anleihen global (in %) (Grafik auch zum Download verfügbar)+

Gezeigt wird die Kalenderjährliche Performance des Bloomberg Barclays Global Aggregate Bond Index (in Punkten). 2020 lag sie bei X%, 2021 bei X%, 2022 bei X%. Für 2023 lag sie bis zum Stand der Grafik (31.8.23) bei X%.

Bloomberg Barclays Global Aggregate Bond Index (in Punkten). Quelle: Refinitiv, Stand 31.08.2023. Performance der Vergangenheit erlaubt keine Prognose für die Zukunft. Darstellung zur Illustration.

Was, wenn sich diese Hoffnung am Ende nicht bestätigt, wenn die Leitzinsen weiter steigen, um der auch durch den Ölpreis befeuerten Inflation zu begegnen?

Das Fazit für die Beratung

Beobachten: Es lohnt sich, den Ölpreis in den nächsten Monaten genau im Auge zu behalten! Steigt er weiter, könnte er die Inflation wieder vor sich hertreiben und die Zentralbanken, die in den Entspannungsmodus schalten wollten, zu weiteren Zinsanhebungen zwingen.

Konsequenzen erkennen: Die Entspannung, die sich bisher in diesem Jahr in den großen Anlageklassen Aktien und Anleihen breit gemacht hat, könnte rasch wieder verfliegen.

Handeln und mit Kundenstamm sprechen: Gerade, wenn Ölpreise steigen, sollten Sie Ihre Kundinnen und Kunden entsprechend vorsichtig hinsichtlich ihrer Erwartungshaltungen moderieren. Denn es könnte sein, dass 2023 hinter den Erwartungen, die sich inzwischen aufgebaut haben, noch einmal zurückbleibt. Erst 2024 dürften dann mit der erwarteten konjunkturellen Erholung (neueste Prognosen der EU-Kommission gehen für die Union von einem von Plus 1,4 % nach nur 0,8% in diesem Jahr aus) auch die Ergebnisse an den Anlagemärkten wieder attraktiver werden.6

Portfolios dauerhaft besser diversifizieren: Es lohnt sich immer Portfolios breiter zu diversifizieren – mit alternativen Renditetreibern über die klassischen Aktienmainstreammärkte und Anleihen hinaus. Aktive Strategien können zudem, gerade, wenn Informationsvorsprünge genutzt werden können, bessere Ergebnisse als die Märkte bringen. Liquide Alternative Anlageklassen können Sie für Ihre Kundinnen und Kunden auch im Fondsmantel erschließen.

Gerade, wer die Gewinne dieses Jahres rechtzeitig nutzt und in Kundendepots behutsam die Diversifikation ausbaut, kann langfristig die strategische Allokation im Portfolio verbessern. Gleichzeitig schafft man sich als Beratungspartner:in – wenn die Zentralbanken die klassischen Anlagemärkte tatsächlich noch einmal abwärts schicken sollten – ganz sicher eine bessere Ausgangssituation für Kundengespräche. Schließlich hat man rechtzeitig Risiken erkannt und ein Stück weit durch aktive Beratung gegengesteuert.

Quellen:

1 Crude Oil-WTI (USD), Refinitv/Datastream, 31.08.2023
Börsenzeitung, „Konjunktursorgen drücken Dax“, 6.9.2023
3 Handelsblatt, „Diese fünf Faktoren entscheiden über einen Preisanstieg beim Öl“, 6.9.2023
4 Handelsblatt: „Warum Öl trotz höherer Investitionen knapp werden könnte“, 8.9.2023
handelsblatt.de, „EZB erhöht Zinsen weiter – Schritt gilt als riskant“, 14.09.2023
6 Europäische Kommission, Sommerprognose 2023, 11.09.2023

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