ESG-Fondsratings gelten als wichtige Orientierung für die Beratung hinsichtlich der ESG-Qualität von Anlageprodukten. Allerdings klaffen die Bewertungsmethodiken teils weit auseinander: die diversen Ansätze auf einen Blick – mit Details zum Download.

Medien und Verbraucherzentralen bemängeln, dass Anlageprodukte bisweilen etwas zu vollmundig Nachhaltigkeitsversprechen machen. Zum Beispiel berichtet die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg im Herbst 2023 von einer Klage, die sie auch gegen deutsche Fondsgesellschaften angestrengt hat.1 Und das ist nur eines von vielen Beispielen. Es bleibt festzuhalten: Im Fondsbereich ist zumindest der Spielraum noch groß: Trägt ein Fonds „ESG“, „Sustainable“ oder „Clean Energy“ im Namen, wissen Anleger dadurch noch nicht, wieviel ESG, Nachhaltigkeit oder saubere Energien tatsächlich drinstecken. 

Nachhaltigkeitssiegel oder die ESG-Kategorisierung von Fonds gemäß der Offenlegungsverordnung (SFDR) helfen bei der groben Orientierung. Doch nur ESG-Fondsratings liefern heute konkrete Aussagen über die tatsächliche ESG-Qualität des Portfolios, in das der Fonds investiert. Dabei lohnt es sich, auf die Details zu achten.

Darauf kommt es an: Rating-Methodiken verstehen

Zu den größten Anbietern von ESG-Fondsratings gehören Morningstar/Sustainalytics, MSCI ESG Research, ISS ESG Fund Rating und CDP/Climetrics (siehe Tabelle). Sie verteilen Globen, Sterne, Blätter oder die für Ratingagenturen typischen AAA-C-Bewertungen. Anders als ESG-Unternehmensratings beziehen sich die Fondsratings auf ein gesamtes Anlageportfolio und versuchen, dessen Nachhaltigkeitseigenschaften zu erfassen.

Typischerweise bedienen sie sich dabei der Daten, die ihnen zu den im Fondsportfolio über Aktien oder Anleihen enthaltenen Unternehmen zur Verfügung stehen. Zusätzlich werden zum Teil länder- und sektorspezifische ESG-Risiken mitberücksichtigt.

Doch welche Bewertung ein Fonds vom Rating-Anbieter erhält, hängt wesentlich von dessen Vorgehen ab. Entscheidende Unterschiede gibt es in der Gewichtung der Faktoren „E“, „S“ und „G“. Während sich zum Beispiel das Rating von CDP/Climetrics ganz auf den Beitrag der Portfoliounternehmen zur Transformation zu einer klimafreundlichen Wirtschaftsweise bezieht, nehmen andere Rating-Anbieter auch soziale und Governance-Aspekte stärker in den Blick.

Übersicht: Methodiken großer Anbieter von ESG-Fondsratings (Grafik als Download verfügbar)

ESG ratings

Quellen: Selbstauskünfte der ESG-Fondsratinganbieter. Veröffentlichungsbedingt können Stände der Angaben voneinander abweichen. Stand: März 2024

Darüber hinaus nutzt jede Rating-Agentur unterschiedliche Daten und hat eine eigene Rating-Systematik. Selbst in der dem Fondsrating letztlich zugrundeliegenden Beurteilung der Nachhaltigkeit von Wirtschaftstätigkeiten von Unternehmen kann es im Detail unterschiedliche Schwerpunktsetzungen geben. Auch aus der oft noch unübersichtlichen Datenflut eine einzige „Note“ zu machen ist eine Herausforderung. Hinzu kommt: Ratings basieren in größeren Teilen auf veröffentlichten Unternehmensdaten. Sie spiegeln somit notwendigerweise einen Status aus der Vergangenheit wider. Die geplanten Anstrengungen von Unternehmen für mehr Nachhaltigkeit und ihre Entwicklung werden von einigen Ratinganbietern berücksichtigt. Hier ist aber naturgemäß die Datenlage und die Interpretation der Daten noch schwieriger.

Das führt insgesamt zu einem „durchwachsenen“ Ergebnis: Das unterschiedliche Vorgehen kann zu abweichenden und zum Teil auch völlig konträren Einstufungen führen. Beraterinnen und Berater kommen daher nicht umhin, einen Blick auf die jeweilige Methodik eines Ratings zu werfen. Lesen Sie in den hier für Sie zusammengestellten Downloads, wie genau die ESG-Ratingagenturen vorgehen. Zur Erleichterung Ihrer Arbeit stellen wir im Downloadbereich die zentralen Dokumente für das jeweilige ESG-Fondsrating zur Verfügung.

Ausblick: Aussagekraft von ESG-Fondsratings wächst

Wesentliche Handicaps für alle Fonds-Ratingagenturen waren bislang die Datenqualität und Datenvergleichbarkeit zu den ESG-Risiken der Unternehmen in den Portfolios der Fonds. Hier ist eine entscheidende Verbesserung in Sicht – zumindest in Europa. Denn EU-weit wird aus der Non-Financial Reporting Directive (NFRD) die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD). Mit ihr werden Unternehmen verpflichtet, in ihren Bilanzen außerfinanzielle Nachhaltigkeitskennzahlen nach standardisierten Vorgaben zu veröffentlichen. Sektorübergreifend ist sie schon als delegierter Rechtsakt für alle Mitgliedstaaten gültig. Ab 2025 sollen dann die größten Unternehmen (für das Geschäftsjahr 2024) verpflichtet sein, die neuen Reportingstandards zu erfüllen. In den Folgejahren wird diese Vorgabe nach den Plänen der EU sukzessive auf kleinere Kapitalgesellschaften mit weniger Umsatz und Mitarbeitern ausgedehnt. Ab 2029 sollen auch Nicht-EU-Unternehmen mit EU-Niederlassungen oder EU-Tochterunternehmen in die Pflicht genommen werden.

Mit der CSRD erhalten Ratingagenturen damit Zugriff auf veröffentlichte Unternehmensdaten, die gleichartig aufgebaut sind und so eine bessere Vergleichbarkeit der Nachhaltigkeitseigenschaften von Unternehmen ermöglichen sollen.

Quelle:
1 https://www.verbraucherzentrale-bawue.de/greenwashing, 20.11.2023
 

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