Eine Studie des Wirtschaftsweisen Prof. Dr. Martin Werding im Auftrag von Fidelity International analysiert die Auswirkungen der Renten-Haltelinie. Die steuerfinanzierte Fixierung des gesetzlichen Rentenniveaus lässt den Staatszuschuss bis 2040 auf mind. 198 Milliarden Euro ansteigen.
Kronberg im Taunus, 2. Juli 2025. Die gesetzliche Rentenversicherung in Deutschland steht vor einer Zerreißprobe: Die sogenannte „Haltelinie“, die das Rentenniveau bei mindestens 48 Prozent¹ sichern soll, wird zur finanziellen Belastung – insbesondere für jüngere Generationen. Das zeigt eine neue Studie von Prof. Dr. Martin Werding, Mitglied des Sachverständigenrates Wirtschaft und Professor für Sozialpolitik und öffentliche Finanzen an der Ruhr-Universität Bochum, im Auftrag von Fidelity International.
Die Analyse macht deutlich: Die Fixierung des Rentenniveaus führt zu erheblichen Mehrkosten für den Bundeshaushalt und benachteiligt insbesondere jüngere Versicherte, die durch steigende Beiträge weniger in private Vorsorge investieren können.
Die aktuelle Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD hatte sich in ihrem Koalitionsvertrag auf die Beibehaltung der Haltelinie bis 2031 geeinigt. Insofern stellt sich die Frage, wie die finanziellen Lasten dieser Entscheidung in Zukunft zu tragen sind und welche Bevölkerungsgruppen am stärksten betroffen sein werden.
Staatszuschuss steigt bis 2040 auf mindestens 198 Milliarden Euro
Die Studie untersucht verschiedene Varianten der im Koalitionsvertrag vorgesehenen Steuerfinanzierung der Haltelinie. Selbst in der günstigsten Variante steigen die Bundesmittel für die gesetzliche Rentenversicherung von aktuell rund 142 Milliarden Euro bis 2040 auf rund 198 Milliarden Euro und bis 2060 sogar auf knapp 270 Milliarden Euro an (alle Angaben in heutigen Preisen). In der teuersten Variante würden die Bundesmittel bis 2040 auf 233 Milliarden Euro und bis 2060 sogar auf knapp 353 Milliarden Euro ansteigen. Dies entspricht fast sieben Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Zum Vergleich: Der komplette Bundeshaushalt entsprach in den Vor-Krisen-Jahren 2010 bis 2019 im Schnitt rund 10 Prozent des BIP.
Hierzu Prof. Dr. Martin Werding: „Die Mehrausgaben für die gesetzliche Rentenversicherung aufgrund der Haltelinie sind eine enorme Belastung für die Bundesfinanzen. Damit die Rechnung aufgeht, müsste der Staat entweder erhebliche zusätzliche Steuereinnahmen generieren oder er müsste bei anderen Haushaltsposten massiv einsparen – etwa bei der Verteidigung oder im Bereich Soziales.“
Generationenvergleich: Für alle unter 48 Jahren wird es teurer
Daher könnte die Regierung auch eine Finanzierung durch stärker steigende Beiträge wählen, wie sie die in der vorherigen Legislaturperiode vorgesehen war. Beim Vergleich für verschiedenen Altersgruppen wird dann deutlich: Besonders betroffen sind Versicherte unter 48 Jahren. Ältere Jahrgänge profitieren von der Haltelinie, weil sie höhere Renten erhalten, ohne dafür vorab lange Zeit höhere Beiträge zahlen zu müssen. Für jüngere Versicherte gilt im Umkehrschluss das Gegenteil. Ihnen stehen aufgrund höherer Beiträge und einer steigenden Steuerbelastung weniger Mittel zur Verfügung, um privat vorzusorgen.
Die Studie vergleicht die gesetzliche Rente mit Haltelinie mit einer Kombination aus gesetzlicher Rente ohne Haltelinie und ergänzender kapitalgedeckter Vorsorge. Das Ergebnis: Bereits bei konservativen Renditeannahmen (Nominalrendite von 4 Prozent pro Jahr) erzielen jüngere Versicherte mit ergänzender kapitalgedeckter Vorsorge langfristig höhere Renten von mindestens 200 Euro im Monat – bei chancenorientierter Anlage (Nominalrendite von 8 Prozent pro Jahr) sogar mehr als 600 Euro monatlich zusätzlich (vgl. Grafik 1).
Grafik 1: Effekte der Haltelinie vs. Effekte ergänzender kapitalgedeckter Vorsorge: zusätzliche Rentenansprüche (2025 - 2070)

Höhere Renten durch Kapitaldeckung besonders für jüngere Versicherte
Die Studie skizziert darüber hinaus mehrere Fallbeispiele, um zu veranschaulichen, welche Jahrgänge und welche Berufsgruppen von einer gesetzlichen Rente ohne Haltelinie mit ergänzender, kapitalgedeckter Vorsorge profitieren würden (vgl. Grafik 2).
Grafik 2: Rentenansprüche verschiedener Fallgruppen mit und ohne Haltelinie

Quellen: SIM2.2, eigene Berechnungen von Prof. Werding.
Die Berechnungen der Studie zeigen zwar, dass junge Menschen, die am Anfang ihres Erwerbslebens stehen, am stärksten von der Fixierung der Haltelinie betroffen sind. Aber prinzipiell hätten sowohl der 20-jährige Friseur wie auch die 30-jährige Versicherungskauffrau und der 40-jährige Geschäftsführer höhere Renten, würde die Haltelinie entfallen und stattdessen zusätzlich kapitalgedeckt vorgesorgt.
Die vollständige Studie mit allen Szenarien und Fallbeispielen können Sie hier herunterladen.
¹ Dies bezieht sich auf das Sicherungsniveau gesetzlicher Renten (netto vor Steuern).
Über die Studie:
Die Studie wurde von Prof. Dr. Martin Werding, Lehrstuhl für Sozialpolitik und öffentliche Finanzen an der Ruhr-Universität Bochum, im Juni 2025 Auftrag von Fidelity International erstellt. Sie analysiert die langfristigen Auswirkungen der Renten-Haltelinie auf den Bundeshaushalt und Versicherte und vergleicht diese mit den Effekten eines Ausbaus ergänzender, kapitalgedeckter Altersvorsorge. Darüber hinaus wird genauer analysiert, wie sich die Haltelinie auf verschiedene Geburtsjahrgänge auswirkt. Neben Berechnungen auf Basis der stark stilisierten Erwerbsbiografie so genannter „Standardrentner“ werden dabei auch Fall-Vignetten für Versicherte unterschiedlichen Geschlechts und Alters mit realitätsnäheren Erwerbsverläufen und verschiedenen Einkommensniveaus betrachtet. Die Berechnungen basieren auf der derzeitigen „Referenzvariante“ des Social Insurance Model, Version 2022 („SIM.22“).
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