Seine Chancen mögen zwar gerade sinken: Doch sollte Donald Trump die US-Präsidentschaftswahl im November gewinnen, wird sich vieles ganz schnell ändern. Es ist also an der Zeit, sich einen „Plan B“ für Anlageportfolios zurecht zu legen.

In den republikanischen Vorwahlen hat Donald Trump seine parteiinternen Gegner abgeräumt. Noch zur Jahreswende schienen ihn viele als ausgemachten Sieger der US-Präsidentschaftswahlen im Herbst zu sehen. Inzwischen wird das Rennen von Beobachterinnen und Beobachtern zu beiden Seiten des Atlantiks wieder offener eingeschätzt.

Das liegt zum einen an Trump selbst: Seine Strahlkraft hat nachgelassen. In der Republikanischen Partei und aus der Wirtschaft melden sich zunehmend kritische Stimmen – insbesondere wegen der isolationistischen und damit freihandelsschädlichen Tendenzen seiner Politik. Mit der Eröffnung des ersten Prozesses, der seine Anwesenheit erzwingt, sitzt er auf absehbare Zeit mindestens auf der Anklagebank.1 Ob es ihm gelingt, sich dauerhaft und wirksam als Opfer von politischen Intrigen des Establishments zu inszenieren, ist fraglich. Und in den USA entscheidend: Die Kassenlage seiner Wahlkampagne ist angespannt. Er hat weniger Spenden eingenommen und sich schon mehr Ausgaben erlaubt als Joe Biden.

Kasse geleert: Wahlkampfmittel Trump vs. Biden (in Mio. USD) (Grafik auch zum Download verfügbar)

Trump hat im Zeitraum weniger eingenommen und mehr ausgegeben. Per Ende Februar verblieben Biden rund 70 Mio. USD, Trump gut die Hälfte.

Einnahmen, Ausgabe, Verfügbarkeiten von 01.01.2023 bis 29.02.2024. Quelle: Federal Election Commission, Abruf 16.04.2024

Auf der anderen Seite machen die Demokraten und Biden zunehmend Punkte gut. Traditionell entscheiden gerade die Wechselwählerinnen und Wechselwähler in den USA oft nach „Kassenlage“. Das eigene wirtschaftliche Wohlergehen und die Prosperität des Landes sind wichtige Entscheidungsfaktoren. Die erstaunlich starken Wirtschaftszahlen aus den USA in den letzten Monaten könnten für die aktuelle Regierung positiv zu Buche schlagen. Selbst die vergleichsweise hohe Inflation könnte ein Pluspunkt sein. Denn ihr Treiber sind auch gestiegene Löhne und Gehälter. Bei starkem Dollar durch im internationalen Vergleich höhere Leitzinsen, könnten zudem die Preise für Importe bis in die heiße Wahlphase sinken – Haushalte könnten sich mehr leisten.

Zur Sicherheit vorausplanen: Denn Trump handelt schnell

Auch wenn diese jüngeren Entwicklungen die Gesichtszüge gerade der politischen Verantwortlichen etwa bei den NATO-Verbündeten etwas glätten dürften, ist ein Misslingen des nächsten Anlaufs von Donald Trump auf das höchste Staatsamt der USA noch lange nicht ausgemacht. Wer Anlagegelder verantwortet, sollte deshalb einen klaren Handlungsplan für den Fall der Fälle in der Schublade haben. Denn aus der vergangenen Amtsperiode von Trump wissen wir: Geduld, intensive Beratungen mit Fachgremien und vorsichtig abwägende Entscheidungen gehören nicht zu seinem Repertoire. Sollte er im Januar 2025 ins Amt eingeführt werden, wird vieles ganz schnell gehen. Entscheidungen mit weitreichenden gesellschaftlichen, aber auch wirtschaftlichen Folgen dürften rasch getroffen werden.

Die Eckpfeiler der Trumponomics

Die Politik Trumps mag sprunghaft sein, wirtschaftspolitisch hat sie aber immer drei simple Pfeiler gehabt – und nach den Äußerungen Trumps im Wahlkampf dürfte sich daran auch nichts ändern.

Die drei Eckpfeiler

  • Liberalisierung: Auflagen und gesetzliche Vorgaben für die Wirtschaft empfindet Trump per se als Zumutung. Es wäre also mit einem (weiteren) Abbau von Auflagen insbesondere im Umweltschutz zu rechnen.
  • Wirtschaftsförderung: Dazu gehört Trumps schon bekanntes Programm der Unternehmenssteuersenkungen. Auch Ansiedlungsincentives für internationale Unternehmen, die in den USA produzieren, könnten eine Rolle spielen. Im Grunde sind hier die Unterschiede zur Biden-Administration nicht allzu groß, die allenfalls moderater im Ton ist. Nur bei den Steuersenkungen für Unternehmen könnte Trump die Schraube weiterdrehen.
  • Protektionismus: Schon während seiner ersten Amtszeit hat Trump verdeutlicht, dass sein Verständnis von „America first“ auch das Zurückdrängen globalen Wettbewerbs einschließt. Höhere Handelszölle insbesondere gegen China, aber auch gegen europäische Waren könnten wieder auf die Tagesordnung kommen.

Revival der Old Economy?

Ein gewisser Fokus liegt bei Trump immer auf der Old Economy. Zum einen, weil er auch eine Klientel bedient, die fürchtet mit ihren Arbeitsplätzen vom Strukturwandel abgehängt zu werden. Zum anderen, weil Trump eine tiefe Aversion gegen die „woken Digitalen“ in Silicon Valley hegt. Zusätzlich Rückenwind – zumindest kurz- bis mittelfristig – könnten unter ihm folgende Sektoren bekommen:

  • Finanzen: Regulierungserleichterungen könnten höhere Gewinne erwarten lassen.
  • Stahlindustrie/Produzierendes Gewerbe: In diesem Sektor könnten die größten Profiteure des Trump’schen Protektionismus zu finden sein.
  • Sicherheit: Während erwartet wird, das Donald Trump in vielen Bereichen staatliche Ausgaben streicht, könnte in den Sicherheitssektor mehr Geld fließen.
  • Energie: Energieaktien – gerade aus dem Bereich der fossilen Energien – zählten zu den Gewinnern des letzten Jahres. Trump dürfte wahrscheinlich dieser Entwicklung einen weiteren Schub verleihen.
  • Bausektor/Immobilienwirtschaft: Hier könnte ebenfalls die industrielle Ansiedlungspolitik zum Treiber werden.
  • Automatisierung: Die von Trump zu erwartende Forcierung von Re- und Nearshoring würde die Verlagerung von Produktion in Richtung von Ökonomien mit höherem Lohnniveau und Arbeitskräftemangel nach sich ziehen. Ohne eine Steigerung von Produktivität insbesondere durch Ausbau der Automatisierung wären diese Herausforderungen nicht zu meistern.

Trump und die globalen Folgen: Szenarien beachten

Wichtig ist allerdings zu beachten, was Trumps mutmaßlicher Kurs auf globaler volkswirtschaftlicher Ebene und auf Dauer bedeutet. Und da könnten Entwicklungen angestoßen und Szenarien eröffnet werden, deren Wirkung langfristig kaum zu überschätzen ist. An drei Schlaglichtern kann man sich die möglichen Wirkungen und Wechselwirkungen verdeutlichen:

Importzölle: Diese beliebte „Waffe“ Trumps gegen unliebsamen Wettbewerb aus dem Ausland hat eine klar vorhersehbare Nebenwirkung. Denn Zölle auf Importwaren wirken zunächst einmal in den USA als Inflationstreiber. Wenn die ohnehin widerspenstige US-Inflation zusätzlich befeuert wird, könnte die Fed perspektivisch zum Handeln gezwungen sein und die Zinsen erhöhen. 

Ab 2025 könnte damit die durch teurere Importe unterstützte Zinsanhebungsdynamik zur möglichen Gefahr für das weitere Wirtschaftswachstum werden, weil teurere Kredite zu einem Rückgang bei Investitionen und Kaufkraft führen können. Und weil eine mittelbare Wirkung an den Währungsmärkten zu erwarten wäre: Kapitalströme in den US-Dollar würden gestärkt, wenn Anlagen in diesem Währungsraum besser verzinst wären als in anderen Währungen (insbesondere dem Euro). Ein Folgeeffekt wäre dann ein steigender Dollarkurs – mit einer Belastung auch für die Exportwirtschaft der USA.

Senkung der Unternehmenssteuern: Auch eine weitere Senkung der Unternehmenssteuern ist ein zweischneidiges Schwert. Denn die dann absehbaren staatlichen Mindereinnahmen würden das ohnehin notorisch problematische operative Defizit im US-Haushalt weiter verschärfen. Trump könnte Probleme bekommen, eine noch progressivere Verschuldung des Staatshaushaltes durchzusetzen. 

US-Staatschulden: Schon in Trumps erster Amtszeit stark wachsend (Grafik auch zum Download verfügbar)

US-Staatsschulden haben sich seit 2014 mehr als verdoppelt. Steilerer Anstieg in Trumps erster Amtszeit – schon vor Corona. Prognose 2028: > 40 Billionen USD.

*Schätzungen. Quelle: Statista/IMF, Oktober 2023

Dann würden die Haushaltsausgaben stark eingeschränkt. Wie wir das aus der Vergangenheit kennen, könnten Haushaltssperren drohen – mit negativen Auswirkungen auch auf die Wirtschaft. Sollte es einem Präsidenten Trump gelingen, doch noch mehr Schulden aufzunehmen, würde sich der Weg der USA zum globalen Schuldenkönig noch beschleunigen – mit enormen Risiken (auch hier noch einmal erläutert). 

Künstliche Intelligenz: Das Megathema könnte aufgrund der günstigen Voraussetzungen und der enormen Möglichkeiten für KI-Anwendungen durchwirken und den Trump‘schen „Branchenkanon“ durcheinanderbringen. Gerade mit Themenfonds könnten sich die Investmentchancen von KI nach wie vor nutzen lassen.

Das Fazit

Nimmt man Trumps eigenes – eher simples – wirtschaftliches Weltbild als Maßstab für die Anpassung von Fondsportfolios im Falle seiner Wiederwahl, könnte alles ganz einfach aussehen: Taktisch schon vor der Inauguration im kommenden Januar verstärkt auf US-Aktien setzen. Im Rahmen von US-Länderfonds oder Fonds, die ihre Allokation in US-Aktien flexibel erhöhen können. Zudem böten sich gezielte Investitionen mit Branchenfondslösungen an, die auf den von Trump bevorzugten Branchenmix setzen. Zumindest kurz- bis mittelfristig könnte das – so wäre die Hoffnung – die Partizipation von Anlageportfolios an den von den ersten Entscheidungen des dann neuen Präsidenten im Amt ausgelösten wirtschaftlichen Effekten erhöhen.

Doch Vorsicht ist geboten. Denn nicht alle wirtschaftlichen Ideen Trumps müssen langfristig erfolgreich sein. Sich allein auf dieses Szenario einzustellen, könnte sich als kurzsichtig erweisen. Bei einer Wahl Trumps gilt es also, sehr klar zwischen womöglich kurzfristig-taktischen und langfristigen Anlagechancen zu unterscheiden. Auf jeden Fall dürfte sich lohnen, die globale wirtschaftliche Entwicklung sowie Zins- und Wechselkursentwicklungen im Blick zu behalten, um rechtzeitig zu erkennen, welches Kalkül einer Trump’schen Wirtschaftspolitik womöglich etwas länger trägt und welche der angestoßenen Entwicklungen sich als Strohfeuer erweisen.


Quellen:  
1tageschau.de, 16.04.2024
 

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